Wann verjähren Ordnungswidrigkeiten?
Der deutsche Gesetzgeber kennt das Mittel der Verjährung bereits seit langer Zeit. Durch die Verjährung soll verhindert werden, dass ein Anspruch einer gewissen Person oder auch einer Behörde gegen eine andere Person „für immer“ gilt, auch wenn der Anspruchsinhaber diesen Anspruch nicht unmittelbar geltend macht. Auch im öffentlichen Recht gibt es durchaus Verjährungsfristen, die jedoch bei Weitem nicht jedem Menschen bekannt sind. Das Straßenverkehrsrecht ist hierfür ein nahezu hervorragendes Beispiel, denn auch bei der Durchsetzbarkeit eines Bußgeldbescheides gibt es gesetzlich verankerte Verjährungsfristen. Im Zusammenhang mit der Verjährung bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr gibt es jedoch gewisse Kriterien zu beachten und es ist daher auf jeden Fall für den vermeintlichen Verkehrssünder sehr ratsam, sich der erfahrenen juristischen Hilfe eines Rechtsanwalts für Verkehrsrecht zu bedienen.
Grundsätzlich hat die Verjährung den Charakter des Verlustes eines Anspruchs. Die Verjährung führt jedoch nicht automatisch dazu, dass der Anspruch auch wirklich erlischt. Sollte ein Verkehrssünder einen verjährten Bußgeldbescheid bezahlen, so ergibt sich hieraus rechtlich betrachtet kein Anspruch auf eine Rückzahlung des Bußgeldes!
Wie lauten die Verjährungsfristen für einen Bußgeldbescheid?
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Regelverjährungsfristen bei einem Bußgeldbescheid auf drei Monate festgelegt sind. Hierbei muss jedoch zwingend erwähnt werden, dass diese drei Monate nicht für alle Ordnungswidrigkeiten angewandt werden. Vielmehr kann eine Verjährung unter ganz bestimmten Voraussetzungen auch später eintreten und sogar durch gewisse Maßnahmen „unterbrochen“ werden. Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist durch gewisse Maßnahmen führt dazu, dass die Verjährungsfrist nach Durchführung der Maßnahme erneut startet. Ein gutes Beispiel für eine derartige Maßnahme, die einen unterbrechenden Charakter hat, ist der Versand des viel berühmten Anhörungsbogens im Vorwege des Bußgeldverfahrens.
Es ist auf gar keinen Fall ratsam, einen verjährten Bußgeldbescheid zu ignorieren. Auch gegen einen verjährten Bußgeldbescheid muss zwingend das Rechtsmittel des Einspruchs eingelegt werden, um die Rechtskraft des Bescheides zu verhindern.
Der Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung gehört in Deutschland zu denjenigen Verstößen, die im Alltag am häufigsten auftreten. Dementsprechend sind diese Ordnungswidrigkeiten auch die meist sanktionierten Ordnungswidrigkeiten, sodass die Frage der Verjährung in diesem Bereich besonders interessant ist. Die zuständigen Behörden haben dementsprechend auch sehr viel zu tun, sodass etliche „Verkehrssünder“ auch gern einmal auf die Verjährung spekulieren. Dies ist jedoch durchaus ein sehr spekulatives Modell, da die Verjährung bei einem Ordnungswidrigkeitenverfahren im Straßenverkehr gem. § 26 Absatz 3 StVG (Straßenverkehrsgesetz) erst nach drei Monaten beginnend mit der Tat startet.
Bei dieser Verjährungsfrist handelt es sich um die sogenannte Verfolgsverjährung. Sollte die zuständige Behörde eine Maßnahme wie einen Bußgeldbescheid oder sogar eine öffentliche Klage erhoben haben, beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate!
Die Unterbrechungsmaßnahmen
Wie bereits erwähnt gibt es durchaus Möglichkeiten, die Verjährung zu unterbrechen. Diese Möglichkeiten sind
- der Versand des Anhörungsbogens
- der Versand des Bußgeldbescheides
Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass die zuständige Behörde den zeitlichen Rahmen von drei Monaten zur Verfügung hat, um die Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Entscheidend ist hierbei die Zustellung der Maßnahme an den Verkehrssünder.
Eine Maßnahme gilt als zugestellt, wenn sie im Briefkasten liegt.
Der Verkehrssünder hat nunmehr eine Frist von 14 Tagen, um entsprechend zu reagieren. In der gängigen Praxis erhält der ermittelte Fahrzeughalter den entsprechenden Bußgeldbescheid zugestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Fahrzeughalter auch der wahre Verkehrssünder sein muss. Der Bußgeldbescheid hat in einer derartigen Fallkonstellation nicht die Wirkung der Verjährungsunterbrechung, da der eigentliche Täter ja keinen Bußgeldbescheid erhalten hat. Dementsprechend läuft, falls der wahre Verkehrssünder nicht der Fahrzeughalter ist, die Verjährungsfrist von drei Monaten ganz normal weiter.
Es kommt nicht selten in der gängigen Praxis zu Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Zustellung. Sollte der Fahrzeughalter oder der Verkehrssünder nicht ermittelbar sein, so gibt es Probleme. In der Regel erfolgt der Versand von Bußgeldbescheiden im Zusammenhang mit einer Zustellungsurkunde, die jedoch von dem Adressaten nicht zwingend persönlich empfangen werden muss. Trotz dieses Umstandes gilt der Bußgeldbescheid rechtlich betrachtet als zugestellt, da sich auf der Zustellungsurkunde das Datum der Zustellung wiederfindet. Durch diesen Umstand ergibt sich dann auch die Verjährungsunterbrechung.
Es kann durchaus vorkommen, dass ein Mensch über einen längeren Zeitraum aus den verschiedensten Gründen heraus für einen längeren Zeitraum nicht zu Hause anzutreffen ist und dementsprechend auch keine Möglichkeit hat, auf den zugestellten Bescheid fristgerecht zu reagieren. In einem derartigen Fall sollte auf jeden Fall die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.
Kann die Verjährung unendlich unterbrochen werden?
Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) sieht zwar durchaus eine mehrfache Unterbrechung der Verjährung vor, allerdings erhält das Verfahren hierdurch nicht den Status der unendlichen Fortführung. Der Gesetzgeber besagt, dass die Verjährung nach einer doppelten gesetzlichen Verjährungsfrist ihren Status der endgültigen Verjährung erreicht hat. Dies bedeutet für ein Ordnungswidrigkeitenverfahren im Straßenverkehr, dass die Verjährung nach sechs Monaten (wenn die Regelfrist drei Monate beträgt) eintritt. Es muss in diesem Zusammenhang jedoch die sogenannte absolute Verjährungsfrist beachtet werden. Diese absolute Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre und tritt in Kraft, wenn im Rahmen des Verfahrens Gerichtsverhandlungen oder Maßnahmen mit längerer Bearbeitungszeit anberaumt wurden.
Die absolute Verjährungsfrist ist für Maßnahmen interessant, die sich
- Vernehmungen der betroffenen Person
- zurückgesandte Anhörungsbögen
- vorläufige Einstellungen des Verfahrens
- eine Weitergabe der Ermittlungsakte an die zuständige Staatsanwaltschaft
- eine Weitergabe der Ermittlungsakte an das zuständige Amtsgericht
- die Ansetzung einer gerichtlichen Hauptverhandlung
beziehen.
Der Status der Verjährungsfrist lässt sich dabei der jeweiligen Ermittlungsakte entnehmen. Mit einem Rechtsanwalt lässt sich dabei problemlos auch die Akteneinsicht durchführen, wobei auch die betroffene Person selbst ein Recht auf diese Akteneinsicht hat.
Als Sonderfall für die Verjährungsfrist gilt die Fahrt unter Alkoholeinfluss. Gem. § 24 StVG gilt die Fahrt unter Alkoholeinfluss, ebenso wie die Fahrt unter Drogeneinfluss, ausdrücklich nicht als reine Ordnungswidrigkeit. Der Grund hierfür ist, dass zunächst erst einmal das Vorliegen einer etwaigen Straftat geprüft werden muss. Die Verfolgungsverjährung für derartige Vergehen beträgt ein Jahr, was auch mit dem Maximalbußgeld von 3000 Euro zusammenhängt.
Ein wesentlicher Aspekt der Verjährungsfrist ist die Art des Vergehens. Es gibt hierbei sogenannte A- sowie auch B-Vergehen, welche unterschiedliche Verjährungsfristen haben. Als A-Vergehen werden dabei die schwerwiegenderen Verstöße im Straßenverkehr bezeichnet, sodass diese Verstöße auch eine längere Verjährungsfrist nach sich ziehen. B-Verstöße sind weniger schwerwiegende Vergehen wie beispielsweise das Falschparken, welches ebenfalls zu den sehr häufigen Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung bzw. das Straßenverkehrsgesetz gezählt werden müssen.
Die Verjährung ist durchaus eine sehr sinnvolle Regelung, da sie die Fortführung eines Verfahrens garantiert und den Anspruchsgegner ein Stück weit schützt. Behörden als Anspruchsinhaber werden durch die Verjährungsfristen dazu angetrieben, den Anspruch auch durchzusetzen. Für die betroffenen „Verkehrssünder“ bringt die Verjährungsfrist den Vorteil mit sich, dass nicht nach einem Zeitraum von beispielsweise zwei Jahren noch ein überraschender Bußgeldbescheid in dem Briefkasten landet. Wenn Sie also einen Bußgeldbescheid erhalten haben und sich absolut sicher sind, dass Sie innerhalb der letzten vier Monate keinen Verstoß gegen das Straßenverkehrsgesetz begangen haben, sollten Sie auf jeden Fall die Frage der Verjährung durch einen engagierten und kompetenten Rechtsanwalt für Verkehrsrecht prüfen lassen.
Es kommt immer wieder vor, dass Verjährungsfristen aufgrund der unterschiedlichsten Gründe seitens der Behörden nicht eingehalten werden. Hierbei sollten Sie auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, dass Sie bei einem vorschnell gezahlten Bußgeldbescheid Ihr Geld von der Behörde nicht zurückerhalten werden. Der Gesetzgeber sagt diesbezüglich sehr eindeutig, dass „gezahlt nun einmal gezahlt“ ist und dass Sie mit der Zahlung des Bußgeldbescheides auch die rechtliche Wirksamkeit des Bußgeldbescheides als Sanktion anerkennen. Hierbei handelt es sich nicht selten um große Summen, die wirtschaftlich sehr deutlich ins Gewicht fallen. Unser Rat an Sie lautet daher, dass Sie zunächst erst einmal Ihr Recht auf eine anwaltliche Beratung wahrnehmen und die Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheides genau überprüfen lassen. Es kann nicht oft genug betont werden, dass immer noch eine wahre Vielzahl der ausgestellten Bußgeldbescheide schlichtweg fehlerhaft sind und dass die Verjährungsfristen dabei durchaus eine große Rolle spielen.
Wir als erfahrene und etablierte Rechtsanwaltskanzlei können Ihnen diesbezüglich sehr gern zur Seite stehen. Gern überprüfen wir für Sie Ihren Bußgeldbescheid und übernehmen auch die Kommunikation mit den zuständigen Behörden, wenn Sie aus gewissen Gründen heraus nicht fristgerecht auf den Bußgeldbescheid reagieren konnten. Nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf und vereinbaren Sie einen Termin.