Alkohol am Steuer: Die unklare Rechtslage bei fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen
Das Verwaltungsgerichtshof München (VGH München) hat mit dem Az.: 11 BV 22.1234 am 17.04.2023 ein bemerkenswertes Urteil gefällt, das die Rechtslage für das Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen nach Trunkenheitsfahrten in ein neues Licht rückt. Kern des Sachverhalts waren zwei Fälle von Trunkenheit im Straßenverkehr, woraufhin eine Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ausgesprochen wurde. Das rechtliche Hauptproblem dreht sich um die Frage, ob § 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) als Grundlage für solche behördlichen Untersagungen dienen kann.
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Übersicht
Rechtsgrundlage in der Kritik
Im Kern des Urteils steht die Debatte um § 3 der FeV und dessen Bestimmtheit. Nach Ansicht des VGH München regelt dieser Paragraf die Anforderungen an die Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht ausreichend genau und ist daher als Rechtsgrundlage für behördliche Untersagungen unzureichend. In diesem Zusammenhang wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Februar 2022 sowie der Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2022 in Frage gestellt. Die Begründung des VGH München fußt auf der These, dass die undifferenzierte Verweisung in § 3 FeV möglicherweise unverhältnismäßig ist.
Das Prinzip der Rechtsbestimmtheit
In Bezug auf die Bestimmtheit von Rechtsnormen argumentiert das Gericht, dass diese so formuliert sein müssen, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten vorhersehbar und berechenbar sind. Der Normadressat soll sein Verhalten danach ausrichten können. Ebenso sollten der Verwaltung klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und eine ausreichende gerichtliche Kontrolle möglich sein. Diese Aspekte sehen die Richter in § 3 FeV nicht gegeben. Dies wird als Kritik am vorherigen Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg und der darauf folgenden behördlichen Entscheidung interpretiert.
Unzureichende Klarheit bei fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen
Ein weiterer Aspekt, der in diesem Urteil hervorgehoben wird, ist die Unterscheidung zwischen Kraftfahrzeugen und fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen. Während die Fahrerlaubnis-Verordnung in Bezug auf die körperlichen und geistigen Anforderungen für das Führen von Kraftfahrzeugen eine Liste von Krankheiten und Mängeln aufführt, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Regelfall beeinträchtigen oder aufheben können, fehlt eine solche Bestimmung für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge völlig.
Schlussgedanken zur Unbestimmtheit von Eingriffsermächtigungen
Insgesamt betont das Urteil des VGH München, dass es aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklich ist, sich im Wesentlichen darauf zu verlassen, dass eine unbestimmte Eingriffsermächtigung durch Auslegung seitens der Behörde, deren Verhalten gerade beschränkt werden soll, in gebotener Weise eingeengt wird. Diese Kritik gilt insbesondere für die Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nach Trunkenheitsfahrten. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen dieses Urteil auf die weitere Rechtspraxis haben wird.
Das vorliegende Urteil
VGH München – Az.: 11 BV 22.1234 – Urteil vom 17.04.2023
Leitsatz:
§ 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung regelt die Anforderungen an die Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht hinreichend bestimmt und kann daher als Rechtsgrundlage für behördliche Untersagungen nicht herangezogen werden.
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Februar 2022 und der Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2021 werden aufgehoben.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge.
Nachdem ihm das Amtsgericht Kaufbeuren mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 15. Januar 2016 die Fahrerlaubnis der vor 1980 erteilten Klasse 3 (alt) wegen einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr am 9. Dezember 2015 (Blutalkoholkonzentration: 1,82 ‰) mit einer Sperrfrist von einem Jahr entzogen hatte, beantragte der Kläger beim Landratsamt O. am 10. November 2016 die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Dies lehnte das Landratsamt ab, da er das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beibrachte. Daraufhin verzichtete der Kläger auf einen förmlichen Ablehnungsbescheid.
Am 28. April 2021 wurde dem Landratsamt durch polizeiliche Mitteilung bekannt, dass die Polizei den Kläger am 8. April 2021 um 16.37 Uhr auf einem dreirädrigen Mofa einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen und dabei deutlichen Alkoholgeruch und glasige, gerötete Augen festgestellt hatte. Ein freiwilliger Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,59 mg/l. Die mehr als eine Stunde nach dem Vorfall entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 ‰ auf. Wegen dieses Vorfalls verhängte das Amtsgericht Kaufbeuren mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 27. Mai 2021 ein Fahrverbot von drei Monaten (§ 44 StGB) gegen den Kläger.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2021 forderte ihn das Landratsamt im Hinblick auf eine ins Auge gefasste Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier (Kraft-)Fahrzeuge auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV auf, bis zum 13. September 2021 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Fragen vorzulegen, ob aufgrund der Hinweise auf Alkoholmissbrauch (wiederholte Verkehrsteilnahme mit einem Fahrzeug unter erheblichem Alkoholeinfluss) zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde, insbesondere gewährleistet sei, dass er das Führen eines Fahrzeugs und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum zuverlässig trennen könne, und ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vorlägen, die eine sichere Verkehrsteilnahme mit einem fahrerlaubnisfreien (Kraft) fahrzeug in Frage stellten.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 21. Juli 2021 erklärte der Kläger, er werde der Aufforderung nicht nachkommen, weil der zwischen den Vergehen vom 15. Januar 2016 und 8. April 2021 liegende Zeitraum von mehr als fünf Jahren eine Zäsur bilde und die Gutachtensanordnung gegen § 3 Abs. 4 StVG verstoße, da das Strafgericht nur ein dreimonatiges Fahrverbot angeordnet habe. Die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB hätten nicht vorgelegen. Sonst hätte es gemäß § 69a StGB eine isolierte Sperrfrist anordnen müssen. Die vorrangige Entscheidung des Strafgerichts stehe der behördlichen Annahme fehlender Fahreignung entgegen. Die Anordnung verstoße auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da es weit weniger einschneidend gewesen wäre, ärztliche Informationen einzuholen.
Nach Anhörung untersagte das Landratsamt dem Kläger mit Bescheid vom 4. Oktober 2021 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. In den Gründen des Bescheids ist das Führen nicht motorisierter Fahrzeuge (z.B. Fahrräder ohne Hilfsmotor) hiervon ausdrücklich ausgenommen, da insofern keine Verstöße bekannt geworden seien.
Am 5. November 2021 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben.
Mit Urteil vom 21. Februar 2022 wies das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung ab, die auf § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV gestützte Untersagung, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, sei im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für diese Vorschrift sei § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG a.F., den die Kammer für mit dem Grundgesetz vereinbar, insbesondere für hinreichend bestimmt im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG erachte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit höherem Recht sei deren Erlass, sodass sich die Frage durch die Neuregelung des § 6 StVG nicht erledigt habe. Auch die in der Rechtsprechung aufgeworfenen Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des § 3 FeV griffen nicht durch. Die von erlaubnisfreien Fahrzeuge ausgehenden Gefahren seien erheblich genug, um die entsprechende Anwendung der Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV zu rechtfertigen, wenn es tatsächliche Hinweise auf eine fehlende oder nur bedingte Eignung des Führers eines Fahrzeugs oder Tiers gebe (§ 3 Abs. 2 FeV). Der Anwendungsbereich der Norm sei nur dann eröffnet, wenn die Regelung ihrem Inhalt nach nicht das Führen eines fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugs voraussetze. Den bestehenden Unterschieden habe die Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen des ihr eingeräumten Auswahlermessens Rechnung zu tragen. § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV erweise sich auch nicht wegen des Fehlens einer Regelung zu Aufhebungstatbeständen als unverhältnismäßig. Lägen die Voraussetzungen für den Erlass der Maßnahme nicht mehr vor, insbesondere wenn der Betroffene seine Eignung zur fahrerlaubnisfreien Teilnahme am Straßenverkehr wiedererlangt habe, werde die ursprünglich rechtmäßige Maßnahme nachträglich rechtswidrig im Sinne von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Es bestehe dann ein Aufhebungsanspruch, da das behördliche Rücknahmeermessen regelmäßig auf Null reduziert sein werde. Die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts sei u.a. dann unerträglich, wenn das einschlägige Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung vorgebe. Das sei hier im Hinblick auf die grundsätzlich erlaubnisfreie Teilnahme am Straßenverkehr und die nicht unerhebliche Einschränkung der Mobilität des Betroffenen der Fall. Mit der Aufhebung sei dem Betroffenen im Hinblick auf § 1 FeV die Teilnahme am Straßenverkehr mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen von Gesetzes wegen wieder gestattet. Im vorliegenden Fall lägen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV vor. Die Beibringungsanordnung vom 30. Juni 2021 habe den sich aus § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 6 FeV ergebenden formellen Anforderungen genügt. Zwar sei dem Landratsamt bei der Bezeichnung der Rechtsgrundlage ein Tippfehler unterlaufen, jedoch werde an anderer Stelle „§ 13 Nr. 2 b FeV“ genannt. Auch sonst werde erkennbar auf den Inhalt dieser Vorschrift abgestellt. Die Beibringungsfrist von etwa zweieinhalb Monaten sei ausreichend gewesen. Auch die materiellen Voraussetzungen der Vorschrift seien erfüllt. Der Kläger habe wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen. Beide Trunkenheitsfahrten seien mangels Tilgungsreife noch verwertbar, sodass keine zeitliche Zäsurwirkung angenommen werden könne. Für den Strafbefehl vom 15. Januar 2016 gelte eine insgesamt fünfzehnjährige Tilgungsfrist ab Rechtskraft, die mit Ablauf des 3. Februar 2031 ende. Es bestehe auch kein relatives Verwertungsverbot gemäß § 29 Abs. 7 Satz 3 Nr. 1 StVG. Da das Strafgericht dem Kläger nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis entzogen habe, sei § 29 Abs. 7 Satz 4 StVG anwendbar. Für den Strafbefehl vom 27. Mai 2021 gelte gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a StVG eine Tilgungsfrist von fünf Jahren ab Rechtskraft. Weiter habe der Gutachtensanordnung nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 StVG die Bindungswirkung eines strafgerichtlichen Urteils bzw. Strafbefehls entgegengestanden, da die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht einschlägig sei. Außerdem bestehe keine Bindungswirkung, wenn die strafrechtliche Entscheidung wie hier überhaupt keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthalte. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen, da die bloße Einholung ärztlicher Informationen nicht die erforderliche psychologische Komponente beinhalte und im Rahmen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV kein Ermessen bestehe. Da der Kläger das rechtmäßig geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht habe, habe die Behörde gemäß § 3 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Nichteignung schließen müssen. Daher sei der Beklagte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV verpflichtet gewesen, das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zu untersagen oder zu beschränken oder Auflagen anzuordnen. Es haben insoweit nur ein Auswahlermessen bestanden. Anhaltspunkte für Ermessensfehler hätten sich nicht ergeben. Es sei nicht dargetan, dass dem Beklagten vorliegend ein gleich geeignetes, aber weniger einschneidendes Mittel als das vollständige Verbot des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge im Straßenverkehr zur Verfügung gestanden hätte. Er sei von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen, nachdem sich der Kläger geweigert habe, ein Gutachten beizubringen, das auch der Klärung diene, ob eine Beschränkung oder Anordnung von Auflagen ausreichen könne. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig, da der Beklagte das Führen von nicht-motorisierten Fahrzeugen nicht untersagt habe.
Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. § 3 FeV sei rechtswidrig, weil er auf einer unzureichenden Ermächtigungsgrundlage beruhe. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG a.F. genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, da nicht definiert werde, welche Maßnahmen der Verordnungsgeber in Bezug auf die Teilnahme mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen im Straßenverkehr unter welchen Voraussetzungen vorsehen dürfe und welche Gründe für Zweifel an der Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge vorliegen müssten. Die undifferenzierte Verweisung auf die strengen Anforderungen der §§ 11 ff. FeV verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge hätten ein deutlich geringeres Gefährdungspotenzial als fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge. Diesen Punkt habe das Gericht nicht geprüft. Hierzu werde auf Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20) Bezug genommen. Da der streitgegenständliche Bescheid auf einer ungültigen Rechtsgrundlage beruhe, sei er aufzuheben. Außerdem sei der Beklagte nach § 3 Abs. 4 StVG an die Wertung des Strafgerichts gebunden, das dem Kläger nicht die Fahreignung abgesprochen habe. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nicht den vom Strafgericht abgeurteilten Sachverhalt heranziehen dürfen, um Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 FeV zu ergreifen. Es gelte der Vorrang der strafrechtlichen Entscheidung.
Der Kläger beantragt, die Untersagungsverfügung vom 4. Oktober 2021 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Februar 2022 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie sei mangels hinreichender Darlegung der Berufungsgründe (§ 124a Abs. 3 Satz 5 VwGO ) unzulässig. Es werde ausschließlich die eigene Rechtsauffassung referiert, ohne auch nur mit einem Wort die detaillierten Erwägungen des Erstgerichts zu erwähnen, geschweige denn, sich hiermit inhaltlich zu befassen und zu erkennen zu geben, aus welchen rechtlichen Gesichtspunkten die entscheidungserheblichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts keinen Bestand haben könnten. Dieser von der Entscheidung vollends losgelöste Vortrag genüge den gesetzlichen Vorgaben nicht, selbst wenn die Rechtsprechung an die für eine hinreichende Berufungsbegründung notwendige Prüfung, Sichtung und Durchdringung des Streitstoffs keine allzu hohen Anforderungen stelle. Im Übrigen sei die Berufung aber auch unbegründet. Insofern schließe sich der Beklagte den Ausführungen des Verwaltungsgerichts an, das sich eingehend mit der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG a.F. und der Verhältnismäßigkeit der darauf beruhenden Rechtsgrundlage des § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV befasst habe. Die von ungeeigneten Führern fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ausgehenden Gefahren seien als hoch genug anzusehen, um eine entsprechende Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV zu rechtfertigen. Es liege auf der Hand, dass durch sie verursachte Unfälle gravierende Auswirkungen auf Leben und Gesundheit der übrigen Verkehrsteilnehmer haben könnten. Ferner werde auf die Rechtsprechung (VG Gelsenkirchen, U.v. 23.9.2021 – 7 L 901.21 – juris Rn. 30 ff.; NdsOVG, B.v. 1.4.2008 – 12 ME 35.08 – juris Rn. 6 ff.; OVG NW, B.v. 23.4.2015 – 16 E 208.15 – juris Rn. 4 ff.) verwiesen. Die Ansicht des Klägers, der Fahrerlaubnisbehörde sei es aufgrund der Bindungswirkung des am 27. Mai 2021 ergangenen Strafbefehls gemäß § 3 Abs. 4 StVG verwehrt gewesen, den Vorfall vom 8. April 2021 heranzuziehen, sei verfehlt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe, sei diese Vorschrift nicht anzuwenden, wenn das Strafgericht wie hier keine Ausführungen zur Frage der Fahreignung des Betroffenen gemacht habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 4. Oktober 2021, mit dem ihm der Beklagte das Führen fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr untersagt hat, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da die Rechtsgrundlage des § 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2023 (BGBl I Nr. 56), auf die sich die Untersagung stützt, nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der angefochtene Bescheid sind daher aufzuheben.
1. Die Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 6. Mai 2022 genügt noch den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Hiernach muss die Begründung substanziiert und konkret auf den einzelnen Fall bezogen sein und in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen anführen, weshalb das angefochtene Urteil nach Auffassung des Berufungsführers unrichtig ist und geändert werden muss, wobei sie sich jedoch nicht im Detail mit dem Gedankengang des angefochtenen Urteils auseinandersetzen muss (BVerwG, B.v. 9.7.2019 – 9 B 29.18 – NVwZ-RR 2019, 924 Rn. 3; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 124a Rn. 53; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 27). Rechtlich zutreffend oder schlüssig braucht die Begründung nicht zu sein (Happ, a.a.O.). Sie kann kurz und präzise ausfallen und sich auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken. Ferner muss sie geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (Rudisile, a.a.O. Rn. 54 f.).
Soweit der Kläger wiederholt seine Rechtsauffassung zu § 3 Abs. 4 StVG dargelegt, ohne auch nur ansatzweise auf die auf Seite 26 ff. des Urteils ausgeführten Gründe einzugehen, und lediglich die vom Verwaltungsgericht dargestellte Gegenmeinung zur Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG a.F. übernimmt, ist die Kritik des Beklagten, es fehle an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen, berechtigt. Soweit er aber aus der nur punktuellen Regelung der Untersagung, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot ableitet und dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang vorwirft, nicht geprüft zu haben, ob die undifferenzierte Verweisung in § 3 FeV verhältnismäßig sei, ist die Begründung noch als ausreichend zu erachten, auch wenn die Kritik, das Verwaltungsgericht habe die Prüfung unterlassen, der Sache nach nicht berechtigt ist. Es genügt, wenn sich der Rechtsmittelführer mit einem einzelnen, den ganzen Streitgegenstand betreffenden Streitpunkt, hier mit der Vereinbarkeit der Rechtsgrundlage mit höherrangigem Recht, befasst und diesen Punkt in ausreichendem Maße behandelt. Zu allen für ihn nachteilig beurteilten Punkten braucht er nicht Stellung zu nehmen (Happ, a.a.O.).
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des Klägers, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar und damit unwirksam (vgl. Grzeszick in Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Stand September 2022, Art. 20 Rn. 143) ist, weil sie weder hinreichend bestimmt noch verhältnismäßig ist.
Damit kann dahinstehen, ob § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und y StVG a.F. als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Regelung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge durch Rechtsverordnung seinerseits dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt. Auf die seit 28. Juli 2021 geltenden Bestimmungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b und d, Abs. 3 Nr. 1 StVG kommt es insoweit nicht an, da für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Norm mit höherrangigem Recht auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen ist und der Wegfall oder die Änderung der dem Erlass einer Rechtsverordnung zugrundeliegenden Ermächtigungsnorm jene grundsätzlich unberührt lässt (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2020 – 4 C 6.18 – NVwZ 2021, 1624 Rn. 47, 50; U.v. 24.6.2015 – 9 C 23.14 – NVwZ-RR 2016, 68 = juris Rn. 10; U.v. 6.10.1989 – 4 C 11.86 – NJW 1990, 849 = juris Rn. 10; BVerfG, B.v. 10.5.1988 – 2 BvR 482/84 u.a. – BVerfGE 78, 179; Remmert in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 80 Rn. 51; Brenner in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 80).
2.1. Davon abgesehen ist auch fraglich, ob die Voraussetzungen für eine Untersagung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV vorlagen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 9 ff.; BayVGH, U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274 – ZfSch 2020, 175 Rn. 18 ff.).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als hierzu ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Nach § 3 Abs. 2 FeV finden die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV fehlt bei Kraftfahrern die Fahreignung in Fällen des Alkoholmissbrauchs, d.h. wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden. Die Fahreignung besteht gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV erst wieder nach Beendigung des Missbrauchs, d.h. wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist, was durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2015 – 11 CS 15.1204 – juris Rn. 13). Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV ist zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig, und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt ist (stRspr BVerwG, U.v. 12.3.1985 – 7 C 26.83 – BVerwGE 71, 93 = juris Rn. 16; U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19; OVG NW, B.v. 17.3.2021 – 16 B 22/21 – DAR 2021, 409 = juris Rn. 5) .
Der Beklagte hat die Beibringungsanordnung vom 30. Juni 2021 auf § 3 Abs. 2 FeV i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV gestützt. Im Schreiben vom 30. Juni 2021 wird zwar auch einmal § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV zitiert. Dabei handelt es sich jedoch um einen offenbaren und damit unbeachtlichen Schreibfehler im Sinne von Art. 42 Satz 1 BayVwVfG. Denn die Behörde hat der wörtlichen Aufforderung zur Einholung des Gutachtens zunächst § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV unter Wiedergabe des Wortlauts vorangestellt und im Zusammenhang mit dem Zitat des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV den Inhalt des Buchstaben b wiedergegeben.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV lagen im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 14) vor. Aufgrund der rechtskräftigen Strafbefehle vom 15. Januar 2016 und 27. Mai 2021 steht fest, dass der Kläger zweimal eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB begangen hat. Bei dieser Straftat handelt es sich um eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV. Hierunter sind Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu verstehen, die auch mit erlaubnisfreien Kraftfahrzeugen bzw. Fahrzeugen aller Art begangen werden können, im Falle des § 24a StVG mit jedem Kraftfahrzeug im Sinne von § 1 Abs. 2 StVG (Hühnermann in Burmann/ Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 24a StVG Rn. 2) und im hier einschlägigen Falle des § 316 StGB mit einem Fahrzeug, d.h. mit jedem zur Ortsveränderung bestimmten Fortbewegungsmittel, das zur Beförderung von Personen oder Gütern geeignet ist, ohne dass es auf die Antriebsart ankommt (Pegel, MünchKomm zum StGB, 4. Aufl. 2022, § 316 Rn. 9).
Der Zeitablauf zwischen den am 9. Dezember 2015 und am 8. April 2021 begangenen Trunkenheitsfahrten führt entgegen der Auffassung des Klägers zu keiner die Anwendung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV hindernden Zäsur, weil beide Taten nach den einschlägigen Vorschriften noch verwertbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2022 – 3 C 9.21 – ZfSch 2022, 474 Rn. 55; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 13 FeV Rn. 22 m.w.N.). Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a StVG beträgt die Tilgungsfrist bei Entscheidungen über eine Straftat in Fällen, in denen wie hier die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist, zehn Jahre. In diesen Fällen beginnt sie gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG mit Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung zu laufen. Da dem Kläger seit der strafgerichtlichen Verurteilung vom 15. Januar 2016 keine Fahrerlaubnis mehr erteilt worden ist, begann die zehnjährige Tilgungsfrist somit fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft am 3. Februar 2016, also am 3. Februar 2021, zu laufen. Auch wenn bei Eintragungen im Fahreignungsregister gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a StVG nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach der vorstehenden Vorschrift entspricht, ein Verwertungsverbot besteht (§ 29 Abs. 7 Satz 3 StVG), sofern – wie hier – nicht die Eintragung in einem Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis oder zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Abs. 5 StVG verwendet werden soll, ist die Tat vom 9. Dezember 2015 in einem Untersagungsverfahren noch bis 3. Februar 2026 verwertbar. Da mit dem seit 3. Juni 2021 rechtkräftigen Strafbefehl vom 27. Mai 2021 keine Entziehung der Fahrerlaubnis verbunden war, beträgt die Tilgungsfrist in diesem Fall gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a StVG fünf Jahre. Sie beginnt nach § 29 Abs. 4 Nr. 1 StVG am Tag der Rechtskraft zu laufen. Diese Tat ist somit bis 3. Juni 2026 verwertbar. Beide Taten waren also sowohl im Zeitpunkt des Erlasses der Beibringungsanordnung als auch in dem für die Beurteilung eines Dauerverwaltungsakts maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verwertbar.
Die Rechtsauffassung des Klägers, wonach der Beklagte wegen der Bindungswirkung nach § 3 Abs. 4 StVG daran gehindert sei, von fehlender Fahreignung auszugehen, trifft nicht zu. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG kann die Fahrerlaubnisbehörde, will sie in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Die hier vorliegenden Strafbefehle stehen nach § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG einem Urteil gleich. Die in § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG angeordnete Bindungswirkung gilt auch nicht nur für die Maßnahme der Entziehung selbst, sondern nach ihrem Sinn und Zweck für das gesamte Entziehungsverfahren unter Einschluss der vorbereitenden Maßnahmen, sodass in derartigen Fällen die Behörde schon die Beibringung eines Gutachtens nicht anordnen darf (BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 11 CS 21.2171 – juris Rn. 13). Allerdings gilt die Vorschrift nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut („in einem Entziehungsverfahren“) nicht in dem hier streitgegenständlichen Verfahren zur Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge. Jenseits der Sperrfrist hat der Gesetzgeber eine Bindung an die auf strafgesetzlichen Bestimmungen beruhende negative Eignungsbeurteilung nicht vorgesehen (BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 3 C 24.15 – ZfSch 2017, 594 Rn. 20 f.: keine Bindung im Neuerteilungsverfahren). Zudem tritt keine Bindungswirkung ein, wenn das Strafurteil bzw. der Strafbefehl keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthält oder in den schriftlichen Gründen unklar bleibt, ob das Gericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1988 – 7 C 46.87 – BVerwGE 80, 43 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 11.10.1989 – 7 B 150.89 – juris Rn. 2; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 4 StVG Rn. 59 m.w.N.). Um den Eintritt einer Bindung überprüfen zu können, verpflichtet § 267 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 409 Abs. 1 Satz 3 StPO den Strafrichter zu einer besonderen Begründung, wenn er im Strafbefehl von der Entziehung der Fahrerlaubnis oder – wie hier – von der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB absieht, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht gekommen wäre. An einer solchen Begründung fehlt es im Strafbefehl vom 27. Mai 2021. Es wurde schlicht von der Anordnung einer Sperre abgesehen, wohingegen das Strafgericht im Strafbefehl vom 15. Januar 2016 noch festgestellt hatte, dass sich der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, das Strafgericht habe die Fahreignung bejaht.
Fraglich erscheint allerdings, ob die vom Fahreignungsgutachter zu klärende Frage rechtmäßig war, weil ein sowohl den anlassgebenden Sachverhalt (Verstöße gegen das Trennungsgebot mit einem erlaubnispflichtigen und einem erlaubnisfreien Kraftfahrzeug) als auch die beabsichtigte bzw. getroffene Maßnahme (Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge) überschießender Sachverhalt begutachtet werden sollte. Die gestellte Frage hatte die Eignung zum Führen sämtlicher Fahrzeuge, also auch von Nicht-Kraftfahrzeugen wie Fahrrädern, zum Gegenstand. Im Hinblick auf die Belastungen des Fahrzeugführers durch die Begutachtung kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um einen zu vernachlässigenden, ohne weiteres abtrennbaren Untersuchungsgegenstand handelt. In diesem Zusammenhang hat der Senat auch bereits Bedenken gegen die entsprechende Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV) des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV in Fällen, in denen die anlassgebende Trunkenheitsfahrt (hier bei einer BAK von 1,24 ‰) – wäre sie mit einem fahrerlaubnisfreien sonstigen Fahrzeug (Fahrrad) begangen worden – keine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr nach § 24a Abs. 1 StVG dargestellt hätte, was als Systembruch erscheint. Zwar gibt eine Fahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr mit einem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug, das kein Kraftfahrzeug ist, insbesondere mit einem Fahrrad, nach der Wertung des Verordnungsgebers (vgl. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV) Anlass zu Fahreignungsbedenken hinsichtlich des Führens von Kraftfahrzeugen (BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 19 m.w.N.). Ob dies auch umgekehrt und auch dann zu gelten hat, wenn der Alkoholisierungsgrad unter dem des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV bleibt, ist soweit ersichtlich nicht geklärt. Da diese vom Verordnungsgeber offengelassenen Fragen aus den nachfolgenden Gründen hier nicht entscheidungserheblich sind, können sie jedoch dahinstehen.
2.2. § 3 FeV verstößt gegen die aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 bis 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) abgeleiteten Gebote der hinreichenden Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit rechtlicher Regelungen (vgl. Grzeszick in Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 20 Rn. 58 ff.; BVerfG, B.v. 17.7.2003 – 2 BvL 1/99 – BVerfGE 108, 186 = juris Rn. 172 m.w.N.).
a. Rechtsnormen müssen so bestimmt formuliert sein, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten so vorhersehbar und berechenbar sind, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann, dass der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und dass eine hinreichende gerichtliche Kontrolle möglich ist (Grzeszick, a.a.O. Rn. 58; BVerfG, U.v. 27.7.2005 – 1 BvR 668/04 – BVerfGE 113, 348 = juris Rn. 118 ff.; B.v. 8.1.1981 – 2 BvL 3/77, 2 BvL 9/77 – BVerfGE 56, 1 = juris Rn. 41). Anlass, Zweck und Grenzen eines Eingriffs müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (BVerfG, U.v. 27.7.2005 a.a.O. Rn. 118). Allerdings verbietet es der Bestimmtheitsgrundsatz dem Gesetzgeber nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (BVerfG, B.v. 8.1.1981 a.a.O.; Grzeszick, a.a.O. Rn. 62; Sommermann in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 289) oder sich der Verweisungstechnik zu bedienen (vgl. BVerwG, B.v. 31.5.2022 – 6 C 2.20 – NVwZ 2022, 1802 Rn. 53; BVerfG, B.v. 9.12.2022 – 1 BvR 1345/21 – EuGRZ 2023, 109 = juris Rn. 97 ff.). Es obliegt grundsätzlich den Gerichten, durch schrittweise Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe und durch Kontrolle der Einhaltung der Ermessensschranken die notwendige Berechenbarkeit des Verwaltungshandelns sicherzustellen (Sommermann, a.a.O., Art. 20 Rn. 289). Verweisungen müssen begrenzt bleiben und dürfen nicht durch die Inbezugnahme von Vorschriften, die andersartige Spannungslagen bewältigen, ihre Klarheit verlieren. In der Praxis darf es hierdurch nicht zu übermäßigen Schwierigkeiten bei der Anwendung kommen (BVerwG, B.v. 31.5.2022 a.a.O. Rn. 53). Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist, ferner von der Intensität der Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen (BVerfG, B.v. 8.1.1981, a.a.O. Rn. 42) bzw. der Art und Schwere des möglichen Eingriffs (Sommermann, a.a.O., Art. 20 Rn. 291; Wolff in Stern/Sodan/Möstl, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Staatenverbund, 2. Aufl. 2022, § 15 Rn. 195). Je bedeutsamer die Norm ist, insbesondere je intensiver die damit verbundene Freiheitseinschränkung des Bürgers ausfällt, und je eindeutiger, abgrenzbarer und vorhersehbarer der Regelungsgegenstand ist, desto höher ist das Maß der gebotenen inhaltlichen Bestimmtheit der Norm (Grzeszick, a.a.O. Rn. 60; vgl. auch BVerfG, U.v. 27.7.2005 a.a.O. Rn. 119).
b. Insoweit ist festzustellen, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnisbehörde zu schwerwiegenden Eingriffen in die durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützte Mobilität (vgl. BVerfG, B.v. 6.6.1989 – 1 BvR 921/85 – BVerfGE 80, 137 = juris Rn. 62) des Betroffenen ermächtigt. Eine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, das ansonsten jedermann im öffentlichen Straßenraum ohne Weiteres erlaubt ist, kann den Betroffenen ganz auf den nicht immer und überall erreichbaren und mit nicht unerheblichen Kosten verbundenen öffentlichen Personenund Gelegenheitsverkehr beschränken. Die Teilnahme am Straßenverkehr mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen, insbesondere mit dem Fahrrad, kann für die private Lebensgestaltung des Einzelnen, einschließlich der Ausbildung und Berufsausübung, von erheblicher Bedeutung sein (BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – NJW 2021, 1970 = juris Rn. 39).
c. Demgegenüber sind die materiellen Voraussetzungen, unter denen ein Eingriff nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV erfolgen darf, nur sehr lückenhaft geregelt. Insbesondere ist nicht ausreichend klar geregelt, in welchen Fällen sich der Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge als ungeeignet bzw. nur noch bedingt geeignet erweist und wann Eignungszweifel im Sinne von § 3 Abs. 2 FeV gerechtfertigt sind. Soweit die amtliche Begründung zu § 3 FeV (BR-Drs. 443/98, S. 237) hierzu auf § 2 Abs. 4 StVG („wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat“) verweist, bezieht sich diese Begriffsdefinition ausdrücklich nur auf die Kraftfahreignung. Ein den Anlagen 4 bis 6 zur FeV vergleichbares Regelwerk, das zur Konkretisierung (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVG Rn. 41) der unbestimmten Rechtsbegriffe der körperlichen und geistigen Anforderungen diejenigen Erkrankungen und Mängel aufführt, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Regelfall längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können, fehlt für Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind.
d. Auch aus § 3 Abs. 2 FeV, wonach die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung finden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, lässt sich kein hinreichend bestimmter Anhalt für spezifische Eignungszweifel gewinnen.
Rechtlich unzulässig wäre es jedenfalls, identische physische und psychische Anforderungen an das Führen von fahrerlaubnispflichtigen und -freien Fahrzeugen zu stellen (vgl. Rebler/Müller, DAR 2014, 690/694; Geiger, SVR 2007, 161/162 f.). Denn Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind, unterscheiden sich von Kraftfahrzeugen insbesondere in Größe und Gewicht, den Fahreigenschaften, der erreichbaren Fahrgeschwindigkeit, in Bedienung und Art der Benutzung und damit in den Anforderungen an den Fahrer und in ihrem Gefahrenpotential (vgl. BVerfG, B.v. 27.3.1979 – 2. BvL 7/78 – BVerfGE 51, 60 juris Rn. 62 zur Geschwindigkeit; vgl. Pegel in MünchKomm zum StGB, § 316 Rn. 43, 45 zur technischen Vergleichbarkeit mit einem Kfz). Auch der Gesetz- und Verordnungsgeber hat rechtliche Differenzierungen für erforderlich gehalten. So hat er – abgesehen von den in § 4 Abs. 1 Satz 2 FeV vorgesehenen Ausnahmen – eine Fahrerlaubnispflicht nur für Kraftfahrzeuge sowie verschiedene Fahrerlaubnisklassen mit unterschiedlich hohen physischen und psychischen Anforderungen an die Fahrzeugführer sowie Nachweispflichten vorgesehen. Bei Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr kann nur das Führen eines Kraftfahrzeugs mit 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 ‰ oder mehr Alkohol im Blut oder unter der Wirkung eines in der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden Mittels (Betäubungsmittels) mit Bußgeld geahndet werden. Im Strafrecht erfolgt eine Sanktionierung von Führern fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind, nur, wenn die Voraussetzungen der Straftatbestände des § 315c oder des § 316 StGB erfüllt sind, für die das Führen jedes Fahrzeugs ausreicht, wobei die Rechtsprechung wegen des unterschiedlichen Gefährdungspotentials weiter beim Grenzwert für die absolute Fahrunsicherheit differenziert (bei Kraftfahrern ab einer BAK von 1,1 ‰, bei Fahrradfahrern ab 1,6 ‰; vgl. auch Pegel in MünchKomm zum StGB, § 316 Rn. 37, 40 f., 44 m.w.N.).
Soweit §§ 11 bis 14 FeV nur dann entsprechend angewendet werden sollen, als nach ihrem Inhalt nicht das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge vorausgesetzt ist (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – NJW 2013, 2696 = juris Rn. 6; VG Gelsenkirchen, B. v. 23.9.2021 – 7 L 901/21 – juris Rn. 15; Begemann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 1.12.2021, § 3 FeV Rn. 19 f.; Dauer in Hentschel/ König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 3 FeV Rn. 11 m.w.N.), werden damit die Fragen, welche – vor allem auf physiologische bzw. pathologische und psychologische Eigenschaften des Fahrers zurückzuführenden – Mängel im Einzelfall relevant sind und unter welchen konkreten Voraussetzungen die in den §§ 11 bis 14 FeV vorgesehenen Gefahrerforschungsmaßnahmen getroffen werden dürfen, nicht geklärt. Die auf die Beurteilung der Kraftfahreignung zugeschnittenen Vorschriften befassen sich nur am Rande mit dem Führen eines sonstigen Fahrzeugs. Dies ist soweit ersichtlich nur für § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV obergerichtlich entschieden (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 a.a.O. Rn. 7 m.w.N.). Was nach einer ebenfalls unter Strafe gestellten Fahrt im Zustand der durch andere berauschende Mittel herbeigeführten Fahruntüchtigkeit (§ 316 StGB) gelten soll, ist unklar, da eine § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV entsprechende Vorschrift in § 14 FeV bzw. generell betäubungsmittelrelevante Grenzwerte fehlen. Insoweit käme sowohl die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens (§ 14 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV) als auch einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV) in Betracht. Ob § 14 FeV entsprechend anwendbar ist, wenn der Betroffene durch die Betäubungsmitteleinnahme keine Verkehrszuwiderhandlung begangen hat, insbesondere bei Konsum anderer Betäubungsmittel als Cannabis, der die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt, ohne dass es der Einholung eines Gutachtens bedarf (vgl. § 11 Abs. 7 FeV und Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV), ist ebenfalls offen.
Den Fahrerlaubnisbehörden stehen auch keine den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (vom 27.1.2014 [VkBl S. 110] in der Fassung vom 17.2.2021 [VkBl S. 198]) vergleichbaren verkehrsmedizinischen antizipierten Sachverständigengutachten (vgl. Siegmund in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 3.5.2023, § 2 StVG Rn. 75) zur Verfügung, die den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zu Eignungsmängeln beim Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wiedergeben würden (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – BVerwGE 148, 230 = juris Rn. 19), oder entsprechend entwickelte Beurteilungskriterien der Deutschen Gesellschaften für Verkehrspsychologie und Verkehrsmedizin, aus denen sich die in Nr. 1 Buchst. c der Anlage 4a zur FeV der Fahreignungsbegutachtung zugrunde zu legenden anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2015 – 11 CS 15.1788 – juris Rn. 15).
Rechtsprechung liegt fast ausschließlich zu Trunkenheitsfahrten, kaum zu Fahrten unter Drogeneinfluss vor (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2023 – 11 CS 23.59 – ZfSch 2023, 294: keine Eignungszweifel hinsichtlich Fahrradfahrens bei Fahrt mit E-Scooter unter der Wirkung von Cannabis [§ 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG]; zu Eignungszweifeln hinsichtlich aller Fahrzeuge bei Fahrradfahrt mit BAK ab 1,6 ‰ siehe: BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – a.a.O.: BAK von 1,9 ‰; BayVGH, B.v. 9.8.2016 – 11 ZB 16.880 – ZfSch 2016, 655: BAK von 1,85 ‰ und Kfz-Fahrt mit BAK ab 1,15 ‰; B.v. 8.4.2016 – 11 C 16.319 u.a. – juris: BAK von 2,06 ‰, 2,02 ‰ und 2,30 ‰; B.v. 2.9.2016 – 11 ZB 16.1359 – juris: BAK von 2,19 ‰ und Kfz-Fahrt mit BAK von 2,4 ‰; B.v. 22.12.2014 – 11 ZB 14.1516 – juris: BAK von 1,96 ‰; B.v. 15.5.2013 – 11 ZB 13.450 u.a. – juris: BAK von 2,12 ‰; B.v. 8.2.2010 – 11 C 09.2200 – DAR 2010, 483: BAK von 1,7 ‰; SächsOVG, B.v. 19.8.2022 – 6 B 170/22 – Blutalkohol 59, 618: BAK von 2,57 ‰; OVG RP, U.v. 17.8.2012 – 10 A 10284/12 – DAR 2012, 601 = juris Rn. 23, 31: BAK von 2,44 ‰; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11 – DAR 2012, 164: BAK von 2,49 ‰; ThürOVG, B.v. 9.5.2012 – 2 SO 596/11 – DAR 2012, 721: BAK von 1,7 ‰; OVG Berlin-Brandenbg., B.v. 28.2.2011 – OVG 1 S 19.11 u.a. – juris: BAK von 2,57 ‰; HessVGH, B.v. 6.10.2010 – 2 B 1076/10 – Blutalkohol 47, 436: BAK von 1,75 ‰; OVG Saarland, B.v. 3.5.2021 – 1 B 30/21 – ZfSch 2021, 659: Eignungszweifel hinsichtlich erlaubnisfreier Fahrzeuge bei Mofafahrt mit BAK von 1,83 ‰; VG Gelsenkirchen, B.v. 23.7.2021 – 7 L 901/21 – juris Rn. 89 ff.: Ermessensreduzierung auf null bei Alkoholabhängigkeit hinsichtlich der Untersagung des Fahrradfahrens; OVG Hamburg, B.v. 20.6.2005 – 3 Bs 72/05 – Blutalkohol 44,56: Eignungszweifel hinsichtlich erlaubnisfreiem Kfz [Mofa] wegen gelegentlichen Cannabiskonsums; VG Koblenz, B.v. 31.8.2022 – 4 L 810/22.KO – ZfSch 2023, 58: keine Eignungszweifel bezogen auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge bei übermäßigem Alkoholkonsum ohne Verkehrsbezug; OVG RP, B.v. 8.6.2011 – 10 B 10451/11 – NJW 2011, 3801 = juris Rn. 8: keine Eignungszweifel bezogen auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge bei Trunkenheitsfahrt mit einem Kfz mit BAK von 1,1 ‰). Hiernach rechtfertigt eine Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr aufgrund der ausdrücklich für alle Fahrzeuge geltenden Regelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV Eignungszweifel auch hinsichtlich des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge und daher die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Nicht entschieden ist hingegen, ob dies auch für eine entsprechende Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug hinsichtlich fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gilt (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 3 FeV Rn. 15). Dagegen könnte sprechen, dass § 69 StGB die vom Strafgericht auszusprechenden präventiven Maßnahmen bei einer solchen Straftat auf die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begrenzt und keine Maßnahmen für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge vorsieht. Ungeklärt ist ferner, ob in den übrigen Fällen des § 13 Satz 1 FeV Eignungszweifel hinsichtlich sonstiger Fahrzeuge und entsprechende Gefahrenerforschungsmaßnahmen gerechtfertigt sind. Erst recht ergeben sich aus den Entscheidungen keine handhabbaren Maßstäbe bezogen auf den Drogenkonsum. Entscheidungen zu Eignungsmängeln aufgrund pathologischer Zustände oder charakterlicher Mängel sind nicht ersichtlich. Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Fehlen gerichtlicher Entscheidungen in weiten Teilen des potentiellen Anwendungsbereichs des § 3 FeV allein auf eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Zurückhaltung bei der Anwendung dieser Vorschrift hinweist.
In Anbetracht dessen, dass die Beurteilung von Eignungsmängeln häufig medizinischpsychologischen Sachverstand erfordert, bestehen daher erhebliche Zweifel daran, dass die Fahrerlaubnisbehörden in der Lage sind, ihr Auswahlermessen (vgl. VG Gelsenkirchen, B.v. 23.7.2021 – 7 L 901/21 – juris Rn. 59; NdsOVG, B. v. 1.4.2008 – 12 ME 35/08 – NJW 2008, 2059 = juris Rn. 9) auf der Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung auszuüben. Das wird allenfalls bei schweren Erkrankungen (vgl. Geiger, SVR 2007, 161/162: Anfallsleiden [Nr. 6.6 der Anlage 4 zur FeV], akute psychische Störungen [Nr. 7.1.1 der Anlage 4 zur FeV], schwere Herzrhythmusstörungen [Nr. 4.1 der Anlage 4 zur FeV]) oder Behinderungen möglich sein (z.B. Blindheit, wobei die Anforderungen der Anlage 6 zur FeV an die Sehkraft im Übrigen wohl nicht unmittelbar als Maßstab dienen können; Geiger a.a.O.).
Auch wenn der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eine den §§ 11 ff. FeV in Verbindung mit Anlage 4 bis 6 vergleichbare Regelungsdichte erfordern mag, kommt der Senat unter Berücksichtigung der Vielfalt der Eignungszweifel auslösenden Sachverhalte zu dem Ergebnis, dass die Rechtsgrundlage für die angegriffene Maßnahme nicht hinreichend bestimmt ist. Es ist in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich, im Wesentlichen darauf zu vertrauen, dass eine unbestimmte Eingriffsermächtigung durch Auslegung seitens der Behörde, deren Verhalten gerade beschränkt werden soll, in gebotener Weise eingeengt wird (BVerwG, B. v. 31.5.2022 – 6 C 2.20 – NVwZ 2022, 1802 Rn. 47 m.w.N.).
e. Wegen des nicht hinreichend bestimmbaren Inhalts des Eignungsbegriffs und der nicht näher eingrenzbaren entsprechenden Anwendung der §§ 11 ff. FeV i.V.m. Anlage 4 bis 6 zur FeV auf die Beurteilung, ob Eignungszweifel hinsichtlich des Führens (bestimmter) fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge vorliegen und welche Erforschungsmaßnahmen diese rechtfertigen, ist weiter davon auszugehen, dass die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auch nicht erforderliche sowie unangemessene Maßnahmen beinhaltet und damit nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt (vgl. Grzeszick in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 Rn. 115 ff., 119 ff. m.w.N.; BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 38). Wie dargelegt wäre es geboten, an die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge weniger hohe Anforderungen zu stellen als an die Eignung zum Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge und ggf. zwischen fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen und sonstigen Fahrzeugen, darunter insbesondere dem Fahrrad, zu differenzieren.
3. Die ebenfalls streitige Frage, ob § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG a.F. als Ermächtigungsgrundlage für § 3 FeV selbst den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügt, kann deshalb dahinstehen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.
5. Die Revision wird zulassen, da die Frage, ob § 3 FeV eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage darstellt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat.