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Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auf der Grundlage von § 3 FeV

Eine Restaurantleiterin, der wegen Drogenkonsums das Radfahren verboten wurde, erkämpft sich vor Gericht ihr Recht zurück – und stellt damit die gängige Praxis der Behörden bundesweit infrage. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz kippte ein Fahrverbot für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge und urteilte, dass die bisherige Regelung unverhältnismäßig sei. Der Fall der Frau, die ihren Arbeitsplatz nun wieder mit dem Fahrrad erreichen kann, hat Signalwirkung für ähnliche Fälle und könnte zu einer grundlegenden Neuregelung der Fahrverbote führen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 20.03.2024
  • Aktenzeichen: 10 A 10971/23.OVG
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Verwaltungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Sie bestreitet den Konsum von Betäubungsmitteln und sieht in der Untersagung eine unverhältnismäßige Einschränkung ihrer Mobilität, die ihren Arbeitsplatz gefährdet.
  • Beklagter: Der Beklagte ist eine Behörde, die der Klägerin das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt hat, weil sie als fahrungeeignet gilt. Die Behörde stützt sich auf toxikologische Gutachten, welche den Konsum von Amphetamin belegen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Klägerin wurde das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt, nachdem in einer Blutprobe Amphetamin nachgewiesen wurde. Sie bestreitet den Konsum und führt an, dass dies auf ihre Medikation mit Ritalin zurückzuführen sei. Zudem argumentiert sie, dass das Verbot unverhältnismäßig sei, da sie stark auf die Nutzung solcher Fahrzeuge für längere Arbeitswege angewiesen ist.
  • Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, ob die Rechtsgrundlage für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge hinreichend bestimmt und verhältnismäßig ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin ist begründet, und die Untersagung des Führens der fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge wird aufgehoben.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass die aktuelle Rechtsgrundlage (§ 3 FeV) nicht hinreichend bestimmt und unverhältnismäßig ist. Die Vorschrift bietet keine klaren Maßstäbe für die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge und verletzt damit das Bestimmtheitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
  • Folgen: Die Klägerin darf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge weiterhin im öffentlichen Verkehr führen. Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf vergleichbare Fälle haben, da die Vorschriften des § 3 FeV als unwirksam beurteilt wurden. Eine Revision wurde zugelassen, da die Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Verkehrssicherheit im Fokus: Fahrerlaubnisverordnung und ihre Folgen

Die Verkehrssicherheit ist ein zentrales Anliegen unserer Rechtsordnung. Das Führen von Kraftfahrzeugen unterliegt daher strengen rechtlichen Regelungen, die den Schutz aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten sollen. Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) bildet dabei das zentrale Regelwerk, das festlegt, wer ein Fahrzeug führen darf und unter welchen Voraussetzungen.

Besonders interessant sind die Bestimmungen zu fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen und die Möglichkeiten der Behörden, das Führen solcher Fahrzeuge im Einzelfall zu untersagen. § 3 der Fahrerlaubnisverordnung spielt dabei eine Schlüsselrolle, wenn es um die Beurteilung der Eignung und Befähigung von Fahrzeugführern geht. Die rechtlichen Grundlagen bieten den Behörden Instrumente, um die Verkehrssicherheit proaktiv zu gewährleisten.

Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie diese rechtlichen Mechanismen in der Praxis zur Anwendung kommen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben können.

Der Fall vor Gericht


Landgericht erklärt Untersagung des Radfahrens wegen Drogenbesitzes für unwirksam

Mittlere Frau in Bluse und Hose wirkt nachdenklich vor einem Gebäude mit Blumenkästen und ihrem schwarzen Fahrrad.
Untersagung von Fahrten mit Fahrrädern | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem wegweisenden Urteil die Rechtsgrundlage für Fahrverbote bei fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrädern für unwirksam erklärt. Das Gericht hob damit ein behördliches Verbot gegen eine Restaurantleiterin auf, die nach positivem Amphetaminbefund keine fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge mehr führen durfte.

Weitreichende Folgen der behördlichen Untersagung im ländlichen Raum

Die betroffene Restaurantleiterin musste nach der behördlichen Untersagung ihre 17 Kilometer lange Wegstrecke zur Arbeitsstelle im Hotel zu Fuß zurücklegen, was etwa vier Stunden dauerte. Mit dem Fahrrad hätte sie die Strecke in rund 55 Minuten bewältigt. Regelmäßige Taxifahrten waren wegen der hohen Kosten von etwa 70 Euro pro Fahrt keine Alternative. Die späten Arbeitszeiten in der Gastronomie und das begrenzte Angebot des öffentlichen Nahverkehrs verschärften die Situation zusätzlich.

Gericht sieht Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt

Das Oberverwaltungsgericht stellte fest, dass die Rechtsgrundlage für solche Verbote in der Fahrerlaubnisverordnung verfassungswidrig ist. Die pauschale Übertragung der strengen Anforderungen für Autofahrer auf Radfahrer sei unverhältnismäßig. Das Gericht betonte, dass von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ein deutlich geringeres Gefahrenpotential ausgehe als von Kraftfahrzeugen. Dies zeige sich etwa daran, dass der Gesetzgeber für Fahrräder bewusst keine Fahrerlaubnis vorschreibe und bereits Kinder ab acht Jahren Fahrrad fahren dürften.

Grundlegende Neuregelung erforderlich

Die Richter betonten, dass es dem Gesetz- und Verordnungsgeber und nicht den Gerichten obliege, hinreichend bestimmte und verhältnismäßige Maßstäbe für mögliche Fahrverbote aufzustellen. Die bisherige Regelung ermögliche keine klare Beurteilung, wann jemand als ungeeignet zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge einzustufen sei. Dies müsse nun durch eine Neuregelung konkretisiert werden, die das unterschiedliche Gefahrenpotential der verschiedenen Fahrzeugarten angemessen berücksichtigt.

Besondere Bedeutung des Falls für die Rechtspraxis

Mit dieser Entscheidung folgt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die entsprechende Regelung bereits für unwirksam erklärt hatte. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Das Urteil könnte bundesweit Auswirkungen auf den Umgang mit Fahrverboten für Fahrräder und andere fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge haben.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass der Nachweis von Amphetamin im Blut nicht automatisch zur Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge führen darf, wenn der Betroffene Medikamente wie Ritalin (Methylphenidat) einnimmt. Die Behörden müssen genau prüfen, ob die gemessenen Werte tatsächlich auf illegalen Drogenkonsum zurückzuführen sind oder durch verschriebene Medikamente erklärt werden können. Besonders wichtig ist dabei die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme unter Berücksichtigung der persönlichen Lebensumstände des Betroffenen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie verschreibungspflichtige Medikamente wie Ritalin einnehmen, können Sie sich gegen eine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wehren, auch wenn Amphetamin in Ihrem Blut nachgewiesen wurde. Sie sollten in diesem Fall Ihre ärztlichen Verschreibungen dokumentieren und bei Kontrollen vorweisen können. Die Behörden müssen Ihre persönliche Situation berücksichtigen, etwa wenn Sie auf ein Mofa oder Fahrrad angewiesen sind, um Ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Beachten Sie, dass Sie Ihre medizinische Behandlung gut dokumentieren und nachweisen können sollten, um Ihre Rechte erfolgreich durchzusetzen.

Benötigen Sie Hilfe?

Ihr Recht auf Mobilität schützen

Auch wenn die Einnahme von Medikamenten wie Ritalin zum Nachweis von Amphetamin im Blut führt, bedeutet das nicht automatisch ein Fahrverbot für Fahrrad oder E-Bike. Wir setzen uns dafür ein, dass Ihre individuellen Umstände berücksichtigt werden und Ihre Mobilität erhalten bleibt. Gerade wenn Sie auf Ihr Fahrrad angewiesen sind, um zur Arbeit zu gelangen oder Ihren Alltag zu bewältigen, ist eine fundierte Rechtsberatung unerlässlich.

Sprechen Sie mit uns – wir prüfen Ihren Fall und helfen Ihnen, Ihre Rechte zu wahren.

Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!

FAQ - Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche rechtlichen Folgen hat ein Drogenkonsum für das Führen von Fahrrädern?

Das Führen eines Fahrrads unter Drogeneinfluss kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein aktueller Beschluss des OVG Münster vom Dezember 2024 hat die Rechtslage dabei teilweise neu definiert.

Grundsätzliche Strafbarkeit

Die Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss mit dem Fahrrad ist grundsätzlich strafbar. Bei einer konkreten Gefährdung des Straßenverkehrs droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren.

Führerscheinrechtliche Konsequenzen

Wenn Sie unter Drogeneinfluss Fahrrad fahren, müssen Sie mit folgenden führerscheinrechtlichen Konsequenzen rechnen:

  • Entziehung der Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist zwischen 6 Monaten und 5 Jahren
  • Anordnung einer MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung)
  • Punkte in Flensburg, je nach Schwere des Verstoßes

Besonderheiten für junge Fahrer

Für Fahranfänger in der Probezeit und Personen unter 21 Jahren gelten verschärfte Regelungen:

  • Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre
  • Anordnung eines Aufbauseminars
  • Entzug der Fahrerlaubnis bei mehreren Verstößen

Aktuelle Rechtsprechung

Eine wichtige Neuerung durch das OVG Münster vom Dezember 2024: Behörden dürfen das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrädern nicht mehr generell untersagen. Dies gilt auch dann, wenn bereits ein Verstoß wegen Drogenkonsums vorliegt.

Cannabis-Besonderheiten

Seit der Cannabis-Legalisierung zum 1. April 2024 gelten besondere Regelungen:

  • Der Besitz und Konsum von Cannabis ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt
  • Das Führen eines Fahrrads unter Cannabis-Einfluss bleibt jedoch weiterhin verboten
  • Die Verkehrstüchtigkeit wird durch Cannabis-Konsum beeinträchtigt, insbesondere durch Müdigkeit, verminderte Wahrnehmung und eingeschränkte Reaktionsfähigkeit

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Was unterscheidet rechtlich das Führen eines Fahrrads von einem Kraftfahrzeug?

Grundlegende rechtliche Einordnung

Fahrräder und Pedelecs bis 25 km/h gelten rechtlich als fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge, während Kraftfahrzeuge wie Autos, Motorräder, E-Bikes und S-Pedelecs einer Fahrerlaubnispflicht unterliegen. Diese Unterscheidung basiert auf dem unterschiedlichen Gefährdungspotential der Fahrzeuge.

Unterschiedliche Haftung

Bei Unfällen mit Fahrrädern greifen die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die ein schuldhaftes Verhalten voraussetzen. Bei Kraftfahrzeugen kommt hingegen die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung nach § 7 Straßenverkehrsgesetz zur Anwendung. Dies bedeutet, dass Sie als Kraftfahrzeugführer bereits dann haften, wenn sich eine typische Betriebsgefahr verwirklicht hat – auch ohne eigenes Verschulden.

Alkohol und Drogen

Die rechtlichen Grenzwerte unterscheiden sich deutlich: Bei Fahrrädern liegt die absolute Fahruntüchtigkeit erst bei 1,6 Promille, während sie bei Kraftfahrzeugen bereits bei 1,1 Promille erreicht ist. Wenn Sie ein Kraftfahrzeug führen, müssen Sie zudem die 0,5-Promille-Grenze als Ordnungswidrigkeit beachten, die für Fahrradfahrer nicht gilt.

Verkehrsregeln und Nutzungsbeschränkungen

Mit einem Fahrrad dürfen Sie Radwege benutzen und in der Regel auch Einbahnstraßen in Gegenrichtung befahren, wenn dies entsprechend freigegeben ist. Kraftfahrzeuge wie S-Pedelecs oder E-Bikes müssen hingegen grundsätzlich die Fahrbahn benutzen.

Versicherungspflicht

Während für Fahrräder und normale Pedelecs keine spezielle Versicherung erforderlich ist und Schäden über die private Haftpflichtversicherung abgedeckt werden können, benötigen Sie für Kraftfahrzeuge wie E-Bikes und S-Pedelecs zwingend eine Kfz-Haftpflichtversicherung mit entsprechendem Versicherungskennzeichen.


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Wie kann ich mich gegen eine behördliche Untersagung des Radfahrens wehren?

Aktuelle Rechtslage

Die behördliche Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auf Basis von § 3 FeV ist nach aktueller Rechtsprechung nicht rechtmäßig. Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass diese Vorschrift keine ausreichende Rechtsgrundlage für ein solches Verbot darstellt.

Sofortige Handlungsmöglichkeiten

Wenn Sie eine Untersagungsverfügung erhalten, können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Widerspruch einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich bei der Behörde eingehen, die die Untersagung ausgesprochen hat, oder dort zur Niederschrift erklärt werden.

Eilrechtsschutz

Da die Untersagungsverfügung meist mit der sofortigen Vollziehung verbunden ist, sollten Sie beim Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen. Dieser Antrag zielt darauf ab, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Die Erfolgsaussichten sind aufgrund der aktuellen Rechtsprechung als günstig einzuschätzen, da § 3 FeV als Rechtsgrundlage für die Untersagung nicht ausreichend bestimmt ist.

Begründung des Widerspruchs

In Ihrem Widerspruch können Sie folgende Argumente anführen:

  • Die Untersagung greift in Ihre grundrechtlich geschützte Fortbewegungsfreiheit ein
  • § 3 FeV enthält keine hinreichend bestimmte Definition der Ungeeignetheit zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge
  • Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge haben ein deutlich geringeres Gefährdungspotenzial als Kraftfahrzeuge

Die Gerichte haben diese Argumentation in mehreren Entscheidungen bestätigt und die Untersagungsverfügungen aufgehoben. Sie dürfen daher weiterhin Fahrrad und E-Scooter fahren, wenn die Untersagung allein auf § 3 FeV gestützt wurde.


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Welche Kriterien prüft die Behörde bei der Untersagung des Radfahrens?

Nach aktueller Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster existiert keine ausreichende Rechtsgrundlage für die behördliche Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrädern.

Bisherige Prüfungskriterien der Behörden

Die Behörden stützten ihre Untersagungsentscheidungen bisher auf § 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Dabei wurden folgende Aspekte geprüft:

Eignungszweifel entstanden insbesondere bei Trunkenheitsfahrten mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr.

Medizinisch-psychologische Begutachtung wurde angeordnet, um die Eignung zum Führen von Fahrzeugen und die Fähigkeit zur Trennung von Alkoholkonsum und Fahrsicherheit zu überprüfen.

Aktuelle Rechtslage

Das Oberverwaltungsgericht hat die bisherige Verwaltungspraxis aus folgenden Gründen für rechtswidrig erklärt:

Fehlende Bestimmtheit: § 3 FeV enthält keine klare Definition, wann eine Person zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ungeeignet ist.

Verhältnismäßigkeit: Die Vorschrift berücksichtigt nicht das deutlich geringere Gefährdungspotenzial von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen im Vergleich zu Kraftfahrzeugen.

Konsequenzen für die Verwaltungspraxis

Wenn Sie mit dem Fahrrad alkoholisiert unterwegs waren, darf die Behörde Ihnen das Radfahren derzeit nicht untersagen. Die Behörden müssen nun auf eine neue, verfassungskonforme gesetzliche Grundlage warten, die konkrete Kriterien für Untersagungen definiert.

Die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge stellt einen erheblichen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit dar und bedarf einer hinreichend bestimmten, verhältnismäßigen Rechtsgrundlage.


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Ab wann kann ich nach einer Untersagung wieder Fahrrad fahren?

Nach aktueller Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und anderer Obergerichte ist die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auf Grundlage des § 3 FeV rechtswidrig. Dies bedeutet, dass Sie grundsätzlich weiterhin Fahrrad fahren dürfen, wenn die Untersagung ausschließlich auf § 3 FeV gestützt wurde.

Bestehende Untersagungen

Wenn gegen Sie bereits eine Untersagung ausgesprochen wurde, können Sie sich auf die neue Rechtsprechung berufen. Die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gilt als Dauerverwaltungsakt. Das bedeutet, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die aktuelle Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist.

Aufhebung der Untersagung

Sie können einen Antrag auf Aufhebung der Untersagung bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde stellen. Die Behörde muss dann prüfen, ob die Untersagung nach der aktuellen Rechtslage noch Bestand haben kann. Da § 3 FeV als Rechtsgrundlage nicht mehr ausreicht, müssen bestehende Untersagungen in der Regel aufgehoben werden.

Besondere Konstellationen

In bestimmten Fällen, etwa nach einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad, kann ein Gericht ein spezifisches Fahrverbot für Fahrräder aussprechen. Ein solches richterlich angeordnetes Fahrverbot ist von der Rechtswidrigkeit des § 3 FeV nicht betroffen. In diesem Fall müssen Sie die im Urteil festgelegte Sperrfrist abwarten.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge

Dies sind Fahrzeuge, die ohne den Besitz einer Fahrerlaubnis (Führerschein) geführt werden dürfen. Dazu gehören vor allem Fahrräder, aber auch bestimmte Kleinstfahrzeuge wie Rollstühle oder Elektrokleinstfahrzeuge unter bestimmten Voraussetzungen. Gemäß § 4 FeV sind diese Fahrzeuge von der Fahrerlaubnispflicht ausgenommen. Beispiel: Ein normales Fahrrad oder ein nicht-motorisierter Roller können ohne Führerschein gefahren werden.


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Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Ein fundamentales Rechtsprinzip, nach dem staatliche Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen müssen. Die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Geregelt in Art. 20 Abs. 3 GG. Beispiel: Ein komplettes Fahrradfahrverbot wegen eines einmaligen Drogenkonsums wäre unverhältnismäßig, da es zu stark in die persönliche Freiheit eingreift.


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Fahrerlaubnisverordnung (FeV)

Die zentrale Rechtsverordnung, die alle Bestimmungen zum Erwerb, Erhalt und Entzug von Fahrerlaubnissen sowie die Anforderungen an Fahrzeugführer regelt. Sie basiert auf dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und konkretisiert dessen Vorgaben. § 3 FeV regelt speziell die Eignung zum Führen von Fahrzeugen. Die FeV ist die rechtliche Grundlage für alle führerscheinbezogenen Verwaltungsakte.


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Untersagung

Eine behördliche Verfügung, die das Führen bestimmter Fahrzeuge verbietet. Sie unterscheidet sich vom Fahrverbot nach StVG dadurch, dass sie nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme erlassen wird. Grundlage ist meist § 3 FeV. Beispiel: Die Behörde untersagt einer Person wegen Drogenkonsums das Führen von Fahrzeugen, um mögliche Gefahren zu verhindern.


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Revision

Ein Rechtsmittel gegen Gerichtsurteile, bei dem nur die rechtliche Bewertung, nicht aber die Tatsachenfeststellung überprüft wird. Geregelt in §§ 132 ff. VwGO für Verwaltungsgerichte. Die Revision muss zugelassen werden und kann nur eingelegt werden, wenn der Fall grundsätzliche Bedeutung hat oder von der bisherigen Rechtsprechung abweicht.


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Unwirksamkeit

Der rechtliche Zustand, bei dem eine Norm oder Verwaltungsmaßnahme keine Rechtswirkung mehr entfaltet. Im Verwaltungsrecht tritt sie ein, wenn eine Regelung gegen höherrangiges Recht verstößt, etwa gegen Verfassungsrecht. Beispiel: Die Regelung zum Fahrverbot wurde für unwirksam erklärt, weil sie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstieß.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Straßenverkehrsgesetz (StVG): Das StVG regelt die Teilnahme am Straßenverkehr und legt die grundlegenden Pflichten und Rechte von Verkehrsteilnehmern fest. Es enthält Bestimmungen zur Fahreignung, Fahrerlaubnis sowie Sanktionen bei Verkehrsverstößen. Insbesondere § 21 StVG behandelt die Untersagung des Führens von Fahrzeugen bei gesundheitlichen oder charakterlichen Gründen.
    Im vorliegenden Fall wurde der Klägerin die Fahrerlaubnis entzogen, da die festgestellten Amphetaminwerte ihre Fahreignung beeinträchtigen und somit einen Verstoß gegen die Vorschriften des StVG darstellen.
  • Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Die FeV konkretisiert das StVG hinsichtlich der Erteilung, Verlängerung und Entziehung von Fahrerlaubnissen. Sie definiert die Voraussetzungen für die Fahrerlaubnis und regelt medizinische und psychologische Anforderungen sowie Verkehrspsychologische Gutachten.
    Die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klägerin basiert auf den toxikologischen Befunden, die nach der FeV die Eignung zum Führen von Fahrzeugen nachweisen, wodurch die behördliche Maßnahme rechtlich fundiert ist.
  • Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Das BtMG regelt den Umgang mit Betäubungsmitteln, einschließlich deren unerlaubter Herstellung, Einfuhr, Verkehr und Besitz. Es definiert auch die strafrechtlichen Konsequenzen bei Verstößen und legt fest, welche Substanzen als Betäubungsmittel gelten.
    Die nachgewiesenen Amphetaminwerte bei der Klägerin fallen unter das BtMG, da Amphetamin als Betäubungsmittel klassifiziert ist. Dies begründet die Annahme einer möglicherweise drogenbedingten Fahruntüchtigkeit.
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO): Die VwGO regelt das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, einschließlich der Zuständigkeiten, Verfahrensarten und Rechtsbehelfe. Sie gewährleistet das Recht auf rechtliches Gehör und eine faire gerichtliche Überprüfung behördlicher Entscheidungen.
    Die Klägerin hat durch Einlegung des Widerspruchs und nun durch die Klage vor dem Oberverwaltungsgericht ihre Rechte gemäß der VwGO wahrgenommen, um die behördliche Untersagung der Fahrerlaubnis anzufechten.
  • Grundgesetz (GG), Art. 2 Abs. 1: Dieser Artikel garantiert das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die freie Entfaltung der Persönlichkeit, solange sie nicht die Rechte anderer verletzt und gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt. Er schützt auch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
    Die Klägerin argumentiert, dass die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ihre Existenz bedroht und ihre Persönlichkeitsrechte einschränkt, wodurch ein Gleichgewicht zwischen öffentlicher Sicherheit und individuellen Grundrechten geprüft werden muss.

Das vorliegende Urteil


Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 10 A 10971/23.OVG – Urteil vom 20.03.2024


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