Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Urteil zu Schlafapnoe ohne Tagesmüdigkeit: Folgen für Diagnose und Therapie
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann muss ich als Schlafapnoe-Patient meinen Führerschein abgeben?
- Welche Meldepflichten habe ich bei diagnostizierter Schlafapnoe gegenüber der Führerscheinstelle?
- Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen Schlafapnoe mit und ohne Tagesmüdigkeit?
- Welche Bedeutung hat die aktuelle EU-Rechtsprechung für Schlafapnoe-Patienten in Deutschland?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgerichtshof München
- Datum: 29.10.2024
- Aktenzeichen: 11 CS 24.1155
- Verfahrensart: Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragsteller: Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A, B, BE, C1, C1E und T. Der Antragsteller legte ärztliche Gutachten vor, die besagten, dass er ein mittelschweres Schlafapnoe-Syndrom hat, welches jedoch keine übermäßige Tagesmüdigkeit verursacht.
- Antragsgegner: Landratsamt (Fahrerlaubnisbehörde), das auf Basis eines ärztlichen Gutachtens Nachbegutachtungen zur Fahrerlaubnis in bestimmten Abständen angeordnet hatte.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Antragsteller leidet an einem mittelschweren obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom, welches laut fachärztlichem Gutachten keine übermäßige Tagesmüdigkeit verursacht. Das Landratsamt hatte jedoch Nachbegutachtungen angeordnet, um die Fahreignung regelmäßig zu überprüfen. Der Antragsteller widersprach dieser Auflage.
- Kern des Rechtsstreits: Ob eine vom Landratsamt angeordnete Nachbegutachtung erforderlich ist, wenn beim Antragsteller keine übermäßige Tagesmüdigkeit vorliegt, und ob solche Auflagen rechtlich gerechtfertigt sind.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der VGH München hat die Beschwerde des Antragstellers als begründet angesehen und die Auflagen zur Nachbegutachtung aufgehoben.
- Begründung: Die Rechtsvorschriften zum Verkehrsrecht knüpfen Kontrollregime bei Schlafapnoe an das Vorliegen von übermäßiger Tagesmüdigkeit. Da der Antragsteller auch unbehandelt nicht an Tagesmüdigkeit leidet, entfällt der Eignungsmangel, und somit sind die Auflagen der Fahrerlaubnisbehörde rechtswidrig.
- Folgen: Der Antragsteller ist nicht mehr verpflichtet, sich den angeordneten Nachbegutachtungen zu unterziehen. Das Urteil stellt klar, dass nicht allein das Bestehen eines Schlafapnoe-Syndroms, sondern die damit verbundene Tagesmüdigkeit entscheidend ist für Auflagen im Rahmen des Fahrerlaubnisrechts. Die Kosten des Verfahrens trägt das Landratsamt, und der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 2.500 Euro festgesetzt. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Urteil zu Schlafapnoe ohne Tagesmüdigkeit: Folgen für Diagnose und Therapie
Das Schlafapnoe-Syndrom ist eine ernsthafte Schlafstörung, die durch Atemaussetzer im Schlaf charakterisiert ist. Diese können in Form von obstruktiver Schlafapnoe oder hypopne auftreten, was zu nächtlichen Atembeschwerden führt und die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen kann. Häufig sind Symptome wie Schnarchen und plötzliche Atemunterbrechungen zu beobachten, die die Schlafarchitektur stören und langfristig die Lebensqualität mindern. Eine Diagnose erfolgt oft im Schlaflabor, wo die betroffenen Personen einer umfassenden Untersuchung unterzogen werden.
In jüngerer Vergangenheit hat ein Gerichtsurteil zum Thema Schlafapnoe ohne Tagesmüdigkeit für Aufsehen gesorgt. Dieses Urteil wirft interessante Fragen hinsichtlich der Diagnostik und Therapieoptionsstellungen wie etwa die Anwendung von kontinuierlichem Positiven Druck (CPAP) und die Notwendigkeit von Nachsorgeverfahren auf. Im Folgenden wird dieser spezifische Fall näher beleuchtet und analysiert.
Der Fall vor Gericht
Gericht kippt Nachbegutachtungspflicht bei Schlafapnoe ohne Tagesmüdigkeit
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat in einem wegweisenden Beschluss die Nachbegutachtungspflicht für einen Fahrerlaubnisinhaber mit Schlafapnoe aufgehoben. Der betroffene Mann, Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A, B, BE, C1, C1E und T, litt zwar an einem mittelschweren obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom, zeigte jedoch keine übermäßige Tagesmüdigkeit.
Behördliche Auflagen nach Gewichtsreduktion
Nach einer erfolgreichen Magen-Operation im Sommer 2022 konnte der Betroffene sein Gewicht um etwa 40 kg reduzieren. Eine daraufhin durchgeführte Schlaf-Apnoe-Messung ergab einen Respiratory Event Index von 28,1 pro Stunde, was einem mittelschweren Schlafapnoe-Syndrom entspricht. Ein Fragebogen zur Tagesschläfrigkeit zeigte mit 5 von 24 Punkten auf der Epworth Sleepiness Scale einen unauffälligen Befund.
Rechtliche Auseinandersetzung um Kontrollauflagen
Das Landratsamt hatte dem Mann per Bescheid eine fachärztliche Nachbegutachtung für Januar 2025 (Gruppe 2) und Januar 2027 (Gruppe 1) auferlegt. Diese Auflagen stützten sich auf die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die bei mittelschwerer und schwerer Schlafapnoe regelmäßige Kontrollen vorsieht.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs
Der VGH München stellte in seinem Beschluss klar, dass ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom ohne übermäßige Tagesmüdigkeit keinen Eignungsmangel nach der Fahrerlaubnis-Verordnung begründet. Das Gericht betonte, dass die vorgesehenen Kontrollauflagen nur dann gerechtfertigt sind, wenn die Schlafapnoe unbehandelt zu übermäßiger Tagesmüdigkeit führt.
Rechtliche Grundlagen und europäische Dimension
Der Gerichtshof stützte seine Entscheidung auch auf europäisches Recht. Die entsprechende EU-Richtlinie knüpft den Eignungsmangel bei Schlafapnoe ebenfalls an das Vorliegen übermäßiger Tagesmüdigkeit. Diese Interpretation wird laut Gericht auch in anderen EU-Mitgliedstaaten wie Österreich, Frankreich und Dänemark geteilt. Bei etwa einem Drittel aller Schlafapnoiker finde sich eine pathologische Tagesmüdigkeit.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass bei Schlafapnoe nur dann behördliche Kontrollen und Auflagen erforderlich sind, wenn tatsächlich eine übermäßige Tagesmüdigkeit vorliegt. Die bloße Diagnose einer Schlafapnoe – selbst wenn diese mittelschwer oder schwer ist – reicht nicht aus, um regelmäßige Nachuntersuchungen anzuordnen. Diese Rechtsauffassung wird durch EU-Recht gestützt und entspricht der Praxis in anderen europäischen Ländern wie Österreich, Frankreich und Dänemark.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie an Schlafapnoe leiden, aber keine übermäßige Tagesmüdigkeit haben, darf die Führerscheinstelle von Ihnen keine regelmäßigen Nachuntersuchungen verlangen. Die Fahrerlaubnis bleibt ohne Einschränkungen bestehen, solange keine Tagesschläfrigkeit auftritt. Nur bei konkreten Anzeichen für eine neu entwickelte Tagesmüdigkeit dürfen die Behörden aktiv werden und Kontrollen anordnen. Für Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen C1/C1E gelten allerdings die regulären Fristen zur Verlängerung, bei denen auch die Schlafapnoe überprüft wird. Der Test auf Tagesschläfrigkeit erfolgt dabei über einen standardisierten Fragebogen (Epworth Sleepiness Scale), dessen Ergebnis bei Werten unter 10 von 24 Punkten als unauffällig gilt.
Die Rechtslage rund um Schlafapnoe und Führerschein kann kompliziert sein. Gerade bei unklaren Bescheiden der Behörden ist es wichtig, seine Rechte zu kennen. Wir unterstützen Sie dabei, die für Sie relevanten Punkte des Urteils zu verstehen und setzen uns für Ihre Interessen ein, damit Sie auch weiterhin mobil bleiben. Sprechen Sie uns an, um Ihren individuellen Fall zu besprechen und die bestmöglichen Schritte zu planen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann muss ich als Schlafapnoe-Patient meinen Führerschein abgeben?
Als Schlafapnoe-Patient müssen Sie Ihren Führerschein abgeben, wenn bei Ihnen eine messbare, auffällige Tagesschläfrigkeit vorliegt. Dies gilt insbesondere für unbehandelte Fälle von mittelschwerer bis schwerer obstruktiver Schlafapnoe.
Rechtliche Grundlagen
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt in Anlage 4, dass bei Erkrankungen mit erhöhter Tagesschläfrigkeit die Fahreignung nicht gegeben ist. Konkret bedeutet das: Wenn Sie an einer unbehandelten Schlafapnoe leiden und dadurch tagsüber übermäßig müde sind, dürfen Sie kein Kraftfahrzeug führen.
Beurteilung der Fahreignung
Die Entscheidung über Ihre Fahreignung trifft letztendlich ein Arzt. Dabei wird besonders auf folgende Aspekte geachtet:
- Schweregrad der Schlafapnoe: Mittelschwere bis schwere Fälle beeinträchtigen die Fahreignung stärker.
- Ausmaß der Tagesschläfrigkeit: Entscheidend ist, ob Sie tagsüber zu Sekundenschlaf oder starker Müdigkeit neigen.
- Behandlungserfolg: Wenn Sie sich in Therapie befinden, wird der Erfolg der Behandlung berücksichtigt.
Konsequenzen und Handlungsmöglichkeiten
Wenn bei Ihnen eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe diagnostiziert wurde, sollten Sie umgehend eine Therapie beginnen. In vielen Fällen kann durch eine erfolgreiche Behandlung, etwa mit einer CPAP-Maske, die Fahreignung wiederhergestellt werden.
Beachten Sie: Auch wenn Sie keine auffällige Tagesschläfrigkeit mehr haben, können regelmäßige ärztliche Kontrollen als Auflage für den Erhalt Ihrer Fahrerlaubnis vorgeschrieben werden. Diese Nachuntersuchungen dienen dazu, den Therapieerfolg zu überwachen und sicherzustellen, dass Sie weiterhin sicher am Straßenverkehr teilnehmen können.
Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Schlafapnoe Ihre Fahreignung beeinträchtigt, sollten Sie dies mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Er kann Ihre individuelle Situation einschätzen und Sie über die nächsten Schritte informieren.
Welche Meldepflichten habe ich bei diagnostizierter Schlafapnoe gegenüber der Führerscheinstelle?
Es besteht keine spezifische Meldepflicht für Schlafapnoe gegenüber der Führerscheinstelle. Allerdings haben Sie als Fahrzeugführer eine gesetzliche Verpflichtung, Ihre Fahrtüchtigkeit sicherzustellen.
Gesetzliche Grundlagen
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt in Anlage 4 die Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Obwohl Schlafapnoe nicht explizit genannt wird, fällt sie unter den Oberbegriff der Tagesschläfrigkeit. Bei messbarer, auffälliger Tagesschläfrigkeit dürfen Sie nicht am Straßenverkehr teilnehmen.
Konsequenzen einer Nichtmeldung
Wenn Sie trotz diagnostizierter Schlafapnoe mit Tagesschläfrigkeit am Straßenverkehr teilnehmen, kann dies schwerwiegende Folgen haben:
- Gefährdung der Verkehrssicherheit: Sie riskieren nicht nur Ihre eigene Sicherheit, sondern auch die anderer Verkehrsteilnehmer.
- Strafrechtliche Konsequenzen: Bei einem Unfall drohen Ihnen Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung.
- Versicherungsrechtliche Probleme: Ihre Kfz-Versicherung könnte im Schadensfall die Leistung verweigern oder kürzen.
Ihre Verantwortung als Fahrzeugführer
Auch wenn keine direkte Meldepflicht besteht, liegt es in Ihrer Verantwortung, angemessen zu handeln:
- Lassen Sie sich ärztlich untersuchen, wenn Sie Symptome einer Schlafapnoe bemerken.
- Befolgen Sie ärztliche Anweisungen zur Behandlung der Schlafapnoe.
- Verzichten Sie auf das Führen eines Fahrzeugs, solange eine messbare Tagesschläfrigkeit vorliegt.
- Informieren Sie sich über mögliche Therapien, um Ihre Fahrtüchtigkeit wiederherzustellen.
Wenn Sie eine Schlafapnoe-Therapie beginnen und Ihre Tagesschläfrigkeit nachlässt, können Sie in der Regel wieder am Straßenverkehr teilnehmen. Eine erneute schlafmedizinische Einschätzung sollte die Verbesserung Ihrer Fahrtüchtigkeit bestätigen.
Bedenken Sie: Ihre Gesundheit und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer haben oberste Priorität. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Schlafapnoe Ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt, sollten Sie vorsichtshalber einen Arzt konsultieren.
Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen Schlafapnoe mit und ohne Tagesmüdigkeit?
Die rechtliche Bewertung der Fahreignung bei Schlafapnoe richtet sich ausschließlich nach dem Vorliegen einer messbaren Tagesschläfrigkeit.
Schlafapnoe ohne Tagesmüdigkeit
Ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom ohne messbare Tagesschläfrigkeit begründet keinen Eignungsmangel nach der Fahrerlaubnis-Verordnung. In diesem Fall:
- Dürfen Sie uneingeschränkt am Straßenverkehr teilnehmen
- Sind keine regelmäßigen Kontrolluntersuchungen erforderlich
- Besteht keine Verpflichtung zur Therapie
- Müssen Sie die Erkrankung nicht der Führerscheinstelle melden
Schlafapnoe mit Tagesmüdigkeit
Bei nachgewiesener Tagesschläfrigkeit gelten Sie zunächst als nicht geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die Fahreignung kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen wiederhergestellt werden:
- Eine erfolgreiche Therapie muss die Tagesschläfrigkeit beseitigen
- Die Behandlung muss nachweislich durchgeführt werden
- Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind verpflichtend:
- Alle 3 Jahre für PKW-Fahrer
- Jährlich für Berufskraftfahrer
Rechtliche Konsequenzen
Bei unbehandelter Schlafapnoe mit Tagesschläfrigkeit drohen erhebliche rechtliche Folgen:
- Führerscheinentzug bei festgestellter Nichteignung
- Strafbarkeit nach § 315c StGB bei Unfällen durch Sekundenschlaf
- Versicherungsschutz kann bei Unfällen entfallen
Die Fahrerlaubnisbehörde darf nur dann Auflagen oder Beschränkungen erlassen, wenn tatsächlich eine messbare Tagesschläfrigkeit vorliegt. Eine Schlafapnoe-Diagnose allein reicht dafür nicht aus.
Welche Bedeutung hat die aktuelle EU-Rechtsprechung für Schlafapnoe-Patienten in Deutschland?
Die aktuelle EU-Rechtsprechung hat weitreichende Auswirkungen auf Schlafapnoe-Patienten in Deutschland. Sie stärkt die Rechte der Betroffenen in Bezug auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und Datenschutz.
Recht auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung
Die Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung gewährleistet Schlafapnoe-Patienten in Deutschland das Recht, Gesundheitsdienstleistungen in anderen EU-Ländern in Anspruch zu nehmen. Dies kann besonders relevant sein, wenn Sie eine spezielle Behandlung oder einen Experten suchen, die in Deutschland nicht verfügbar sind.
Wenn Sie beispielsweise von einer innovativen Behandlungsmethode für Schlafapnoe in einem anderen EU-Land erfahren, können Sie diese grundsätzlich in Anspruch nehmen. Allerdings ist zu beachten, dass Ihre Krankenkasse nur die Kosten übernehmen muss, die auch bei einer Behandlung in Deutschland angefallen wären.
Datenschutz und Gesundheitsdaten
Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat die Definition von Gesundheitsdaten erweitert und den Schutz dieser sensiblen Informationen verstärkt. Für Sie als Schlafapnoe-Patient bedeutet dies, dass Ihre medizinischen Daten, einschließlich Diagnosen, Behandlungspläne und Therapieergebnisse, besonders geschützt sind.
Rechte bei der Kostenübernahme
Ein wichtiger Aspekt der EU-Rechtsprechung betrifft die Kostenübernahme für Behandlungen. Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Urteilen die Rechte der Patienten gestärkt. Wenn Sie als Schlafapnoe-Patient eine medizinisch notwendige Behandlung benötigen, die in Deutschland nicht oder nicht rechtzeitig verfügbar ist, kann Ihre Krankenkasse verpflichtet sein, die Kosten für eine Behandlung im EU-Ausland zu übernehmen.
Auswirkungen auf nationale Gesetzgebung
Die EU-Rechtsprechung hat auch Einfluss auf die deutsche Gesetzgebung. So müssen nationale Gesetze und Verordnungen im Einklang mit EU-Recht stehen. Dies kann zu Anpassungen in der deutschen Gesundheitsgesetzgebung führen, die sich positiv auf die Versorgung von Schlafapnoe-Patienten auswirken können.
Wenn Sie als Schlafapnoe-Patient in Deutschland von einer Entscheidung Ihrer Krankenkasse oder eines Gerichts betroffen sind, kann es sich lohnen, die aktuelle EU-Rechtsprechung zu berücksichtigen. In einigen Fällen können EU-Urteile Ihre Position stärken und Ihnen zu besseren Behandlungsmöglichkeiten oder einer umfassenderen Kostenübernahme verhelfen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schlafapnoe-Syndrom
Eine schlafbezogene Atmungsstörung, bei der es während des Schlafes zu wiederholten Atemaussetzern kommt. Diese Atemaussetzer führen zu verminderter Sauerstoffversorgung und können die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen. Gemäß medizinischer Klassifikation unterscheidet man zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Schlafapnoe, die durch den Respiratory Event Index bestimmt wird. Die Erkrankung kann, muss aber nicht zu Tagesmüdigkeit führen. Für Führerscheininhaber ist besonders relevant, ob eine behandlungsbedürftige Tagesmüdigkeit vorliegt.
Respiratory Event Index
Ein medizinischer Messwert, der die Anzahl der Atemaussetzer pro Stunde während des Schlafes angibt. Der Index ist entscheidend für die Diagnose und Einstufung des Schweregrades einer Schlafapnoe. Ein Wert zwischen 15 und 30 deutet auf eine mittelschwere Schlafapnoe hin, wie im vorliegenden Fall mit 28,1 Ereignissen pro Stunde. Die Messung erfolgt üblicherweise im Schlaflabor und ist maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Fahreignung.
Epworth Sleepiness Scale
Ein standardisierter Fragebogen zur Erfassung der Tagesschläfrigkeit. Die Skala reicht von 0 bis 24 Punkten, wobei höhere Werte eine stärkere Tagesmüdigkeit anzeigen. Werte unter 10 gelten als unauffällig. Im Kontext der Fahreignung ist dieser Score besonders relevant, da er objektiv die Tagesmüdigkeit erfasst. Der Test wird häufig von Fachärzten und Gutachtern zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit bei Schlafapnoe-Patienten verwendet.
Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)
Die zentrale Rechtsnorm für die Erteilung und den Erhalt von Führerscheinen in Deutschland. Sie regelt unter anderem die gesundheitlichen Anforderungen an Fahrzeugführer und mögliche Auflagen bei medizinischen Einschränkungen. Bei Schlafapnoe sind besonders die Regelungen zu regelmäßigen ärztlichen Kontrollen relevant. Die FeV setzt auch europäische Richtlinien in deutsches Recht um, wie im Fall der Bestimmungen zu Schlafapnoe.
Eignungsmangel
Ein rechtlicher Begriff aus dem Fahrerlaubnisrecht, der beschreibt, dass bestimmte Voraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs nicht oder nicht mehr erfüllt sind. Bei Schlafapnoe liegt laut Gerichtsurteil ein Eignungsmangel nur dann vor, wenn unbehandelt eine übermäßige Tagesmüdigkeit auftritt. Gemäß §11 FeV kann ein Eignungsmangel zur Verweigerung oder zum Entzug der Fahrerlaubnis führen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV: Diese Normen bilden die Grundlage für die Entziehung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die Eignung wird durch körperliche oder geistige Mängel beeinflusst, die ein sicheres Führen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen können. Der vorgelegte Fall dreht sich um die Frage, ob eine diagnostizierte Schlafapnoe mit Auswirkungen auf die Fahreignung des Antragstellers einen Mangel rechtfertigt. Die Behörde leitete basierend auf diesen Paragraphen eine Nachbegutachtung ein, die der Antragsteller durch diesen Beschluss anzweifelt.
- Anlage 4 Nr. 11.2.3 FeV: Diese Vorschrift konkretisiert die Anforderungen an die Fahreignung bei Schlafstörungen. Sie besagt im Wesentlichen, dass ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom zu einer Fahreignungseinschränkung führen kann, wenn eine erhebliche Tagesschläfrigkeit vorliegt. Im Urteil wird festgestellt, dass wenn, wie in diesem Fall, trotz Schlafapnoe keine Tagesschläfrigkeit vorliegt, keine Kontrollauflage gerechtfertigt ist. Die Behörde stützte sich durch diese Norm auf die Einordnung des Schlafapnoe-Syndroms und den Bedarf an Nachbegutachtung, was hier angefochten wird.
- § 48 Abs. 4 FeV: Diese Norm regelt die Ermächtigung der Fahrerlaubnisbehörde, ärztliche oder medizinisch-psychologische Gutachten anzuordnen, wenn Zweifel an der Fahreignung bestehen. Die Behörde soll durch die Anordnung dieses Gutachtens die Fahreignung überprüfen und so sicherzustellen, dass nur geeignete Personen am Straßenverkehr teilnehmen. Im vorliegenden Fall wurde das Gutachten zur Schlafapnoe gefordert, um die Eignung des Antragstellers zu beurteilen, was wiederum zur Anordnung der hier angefochtenen Nachbegutachtung führte.
- § 80 Abs. 5 VwGO: Diese Vorschrift ermöglicht es Betroffenen, den Vollzug eines Verwaltungsaktes (hier: die Anordnung der Nachbegutachtung) bei Gericht auszusetzen, wenn dieser rechtswidrig oder mit großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist. Hier wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Behörde wiederhergestellt, da die vorgebrachten Argumente eine Unverhältnismäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der angeordneten Nachbegutachtungen wahrscheinlich erscheinen lassen, da keine Tagesmüdigkeit mehr vorliegt. Der Antragsteller machte somit Gebrauch von dieser Norm.
- Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kapitel 2.6.2: Diese Leitlinien bieten eine detailliertere Auslegung der Vorgaben der FeV in Bezug auf die Begutachtung von Schlafstörungen. Sie geben den Rahmen für die Beurteilung vor, wann eine Schlafapnoe als relevant für die Fahreignung anzusehen ist, und wann Kontrolluntersuchungen notwendig sind. Im Fall des Antragstellers bewirkte die Bezugnahme auf diese Leitlinien die Annahme der Behörde, dass eine Nachbegutachtung im Intervall von einem oder drei Jahren erforderlich sei. Die richterliche Einschätzung zeigt hier aber eine andere Gewichtung.
Das vorliegende Urteil
VGH München – Az.: 11 CS 24.1155 – Beschluss v. 29.10.2024
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