AG Friedberg (Hessen), Az.: 45 a OWi – 103 Js 26581/16
Urteil vom 22.11.2016
Gegen die Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße in Höhe von 280,- Euro festgesetzt.
Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.
Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils.
Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewendete Vorschriften: §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG 11.3.6 BKat.
Gründe
I.
Der Betroffene ist am … geboren. Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat er sich weiter nicht eingelassen. Im FAER sind folgende Eintragungen vorhanden:
(1) Gemäß Entscheidung vom 13.07.2015, rechtskräftig seit dem 31.07.2015, eine Geldbuße in Höhe von € 160,00 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 37 km/h.
(2) Gemäß Entscheidung vom 23.07.2015, rechtskräftig seit dem 12.08.2015, eine Geldbuße in Höhe von € 100,00 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h.
(3) Gemäß Entscheidung vom 24.09.2015, rechtskräftig seit dem 14.10.2015, eine Geldbuße in Höhe von € 150,00 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften auf der B455 bei Wiesbaden um 40 km/h.
II.
Der Betroffene befuhr am 20.04.2016 um 10:32 Uhr in Ober-Mörlen, die Usinger Straße in Höhe der Hausnummer 131 in Fahrtrichtung Bad Nauheim als Führer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … . Diese Stelle befindet sich innerhalb geschlossener Ortschaften deutlich mehr als 100 m vor dem Ortsausgangsschild, so dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h beträgt.
Infolge von Unachtsamkeit überschritt der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h. Statt der erlaubten 50 km/h fuhr er mindestens 82 km/h. Von der mit dem fest installierten Geschwindigkeitsmessgerät PoliScanSpeed F1HP gemessenen Geschwindigkeit in Höhe von 85 km/h wurde zugunsten des Betroffenen die gesetzliche Toleranz (3 km/h bei Messwerten bis 100 km/h und 3% des richtigen Wertes bei Messwerten größer als 100 km/h), also vorliegend 3 km/h, abgezogen.
III.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung der Betroffenen, des Messprotokolls, des Eichscheins, des Schulungsnachweises, der Aussage des Zeugen OPB … sowie der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder (Fahrerfoto, Kennzeichenfoto und Übersichtsfoto) bei Verlesung des Textteiles in Bezug auf die gefahrene Geschwindigkeit im Hauptverhandlungstermin. Das Messprotokoll, der Eichschein und der Schulungsnachweis wurden gemäß §§ 46, 78 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO in die Verhandlung eingeführt.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Betroffene den Verkehrsverstoß begangen hat.
Der Betroffene hat die Fahrereigenschaft eingeräumt, an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage besteht kein Zweifel.
Der Betroffene hat auch zur Richtigkeit der Messung nichts gesagt. Der konkrete Geschwindigkeitsverstoß wurde jedoch im Rahmen der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt.
Das Gericht ist von der Richtigkeit der Messung überzeugt. Der OBP … hat im Messprotokoll bestätigt, dass
- die Eich- und Sicherungsmarken vor dem Auslesen der Messdaten von ihm geprüft worden seien,
- sich die Messstelle mindestens 100 m nach dem Ortseingangs- und vor dem Ortsausgangsschild, welche vor und nach der Messung gut sichtbar gewesen seien, befunden habe,
- Das Gerät entsprechend der Gebrauchsanweisung des Herstellers bedient worden sei.
Zudem ist im Messprotokoll die Einsatzzeit festgehalten und bestätigt, dass keine sichtbaren Beschädigungen am Gerät festgestellt worden sind.
Der Zeuge OBP … ist zudem für Messungen mit dem hier eingesetzten Gerät ordnungsgemäß geschult; hierüber liegt der Schulungsnachweis vom September 2014 vor.
Gemäß dem Eichschein wurde das Messgerät mit der Seriennummer 691129 am 02.07.2015 in Wiesbaden mit einer bis 31.12.2016 gültigen Eichung geeicht.
Es wurde ein Übersichtsfoto aufgenommen, auf dem der PKW sowie der Fahrer abgebildet und die gemessene Geschwindigkeit von 85 km/h festgehalten ist, so dass feststeht, dass der Betroffene unter Berücksichtigung des Toleranzabzuges von 3 km/h mit einer Geschwindigkeit von mindestens 82 km/h gefahren ist. Dieses Bild erfüllt sämtliche Vorgaben hinsichtlich einer gültigen Messwertzuordnung. Die Lichtbilder Blatt 6 wurden in Augenschein genommen; auf sie wird hiermit ausdrücklich gemäß § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO verwiesen.
Zweifel an der zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung bestehen nach alledem nicht. Die Geschwindigkeitsmessung wurde mit einem anerkannten Messverfahren mit einem über eine gültige Eichung und einer Zulassung der PTB verfügenden Gerät durchgeführt. Ist ein Messgerät von der PTB zugelassen und ist das Messgerät im Rahmen der Zulassungsvorgaben verwendet worden, ist das Tatgericht grundsätzlich von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgeräts, enthoben. Die Zulassung durch die PTB ersetzt diese Prüfung. Damit soll erreicht werden, dass bei dem Massenverfahren im Bußgeldbereich nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Verfahren die technische Richtigkeit der Messung jeweils neu überprüfen muss. Ist die Messung im Rahmen der Zulassung erfolgt, kann das Gericht grundsätzlich von der Richtigkeit der Messung ausgehen. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04. Dezember 2014 – 2 Ss-OWi 1041/14 -, juris sowie OLG Bamberg, Beschluss vom 22. Oktober 2015 – 2 Ss OWi 641/15 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Juli 2015 -2 (7) SsBs 212/15 – AK 108/15 -, juris und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Juli 2015 – IV-1 RBs 200/14, 1 RBs 200/14 -, Rn. 15, juris)
Auch in Ansehung des Umstandes, dass die Messung unter Einsetzung eines Gerätes, das sich im Privateigentum der Firma … befindet, hat das Gericht keinen Zweifel an der Verwertbarkeit der Messung.
Der Zeuge … hat bekundet, dass die Daten, die von dem Messgerät ausgelesen werden auf einen USB-Stick gezogen werden, die im Besitz des Zeugen verbleiben, der sie zum Ordnungsamt bringt. Die Prüfung der Authentizität der Falldatensätze und die Entscheidung über die Einleitung von Bußgeldverfahren finden in hoheitlicher Hand statt.
Die vorliegende Entscheidung ergeht auch in Kenntnis der in jüngerer Zeit entbrannten Diskussion um eine vermeintlich fehlende Übereinstimmung der Funktionsweise der Messgeräte von Poliscan Speed mit der Bauartzulassung. Insbesondere die hierzu ergangene Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim 21 OWi 509 Js 35740/15 (Einstellungsbeschluss vom 29.11.2016) gibt nicht im geringsten Veranlassung, die Anwendung der vorstehend geschilderten Grundsätze zum standardisierten Messverfahren in Frage zu ziehen.
Fasst man die Ausführungen des Gerichts in der genannten Entscheidung zusammen, so hat sich in der dortigen Beweisaufnahme wohl ergeben, dass die Zusatzdaten, die das Messgerät speichert, teilweise außerhalb der nach Bauartzulassung vorgesehenen Messstrecke liegen, d.h. es werden Messpunkte gespeichert, die nicht im Bereich 50 bis 20 Meter vor dem Messgerät erfasst wurden. Darüber hinaus sollen sich bei der Nachberechnung der gefahrenen Geschwindigkeit auf der Grundlage dieser gespeicherten Zusatzdaten erhebliche Abweichungen von dem von dem Messgerät ermittelten Messwert ergeben (können).
Wieso auf der Grundlage dieser Erkenntnisse Zweifel an der Richtigkeit des von dem Gerät festgestellten Messwertes begründet sein sollen, erschließt sich in Ansehung dieser Entscheidung indessen nicht. Denn die Speicherung von Zusatzdaten ist gerade nicht Gegenstand der Zulassung der PTB. Mit anderen Worten stellt es sich so dar, dass die Zusatzdaten, die dazu dienen sollten, dem Einzelnen eine Nachberechnung des gemessenen Wertes (Plausibilitätsprüfung) vorzunehmen, hierzu offenbar nicht geeignet sind. Dies liegt, den bisher bekannt gewordenen Stellungnahmen der PTB zufolge daran, dass diese Zusatzdaten dem komplexen Vorgang der Erfassung in 3D eines sich bewegenden Objektes nicht gerecht werden. Dass aber der Schluss gezogen wird, der vom geeichten und von der PTB zugelassenen Gerät gemessene Wert sei falsch, weil die weder geeichten noch zugelassenen Zusatzdaten einen anderen Wert ergeben, ist grundlegend falsch und streng genommen nicht einmal nachvollziehbar. Ob Daten, die außerhalb der nach Bauartzulassung gespeichert werden, auch in die Messwertbildung einfließen, wird insoweit auch lediglich behauptet. Belegt ist das aber nicht.
Im Ergebnis bleibt es aus diesen Gründen dabei, dass es sich bei PSS um ein Gerät handelt, mit dem die Messung im standardisierten Messverfahren erfolgt.
IV.
Der Betroffene war wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG, Ziffer 11.3.6 BKat zu verurteilen.
V.
Eine Geldbuße in Höhe von € 280,00 ist angemessen und entspricht dem Grad des vorwerfbaren Handelns der Betroffenen. Das Gericht hat dabei bedacht, dass gemäß § 17 Abs. 3 OWiG Grundlage für die Zumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit ist, der Vorwurf, der den Täter trifft, gegebenenfalls dessen wirtschaftliche Verhältnisse und, dass der, auch für das Gericht verbindliche Bußgeldkatalog für einen Verkehrsverstoß der vorliegenden Art, bei fahrlässiger Begehungsweise und gewöhnlichen Tatumständen ein Regelbußgeld in Höhe von € 160,00 vorsieht. Hiervon abzuweichen besteht zunächst aufgrund der Umstände des Verstoßes kein Anlass; Milderungsgründe, die es rechtfertigen würden, den für den Regelfall vorgesehenen Betrag zu unterschreiten, sind nicht gegeben. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Betroffene nichts gesagt, so dass auch insoweit keine Veranlassung besteht, von der Regelbuße des Bußgeldkatalogs abzuweichen.
Die erheblichen Voreintragungen, immerhin drei Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb des vergangenen Jahres geben indessen Veranlassung, das Bußgeld deutlich zu erhöhen. Der Betroffene hat sich auch durch die bereits erhöhten Bußgelder von der Begehung der vorliegenden Tat nicht abhalten lassen, weswegen vorliegend eine wirklich spürbare Erhöhung um € 120,00 geboten erschien.
Daneben war die Anordnung eines Fahrverbotes für die Dauer von einem Monat als Regelfolge unter Gewährung der Schonfrist nach § 25 Abs. 2a StVG zur Einwirkung auf den Betroffenen festzusetzen, da der Betroffene gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BKatV, 11.3.6 BKat in grober Weise gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers verstoßen hat. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h ist dabei die grobe Pflichtverletzung nach § 4 Abs. 1 BKatV indiziert. Bei einem solchen Verkehrsverstoß ist ein derart hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr anzunehmen, dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbotes bedarf, wobei, wenn es angeordnet wird, in der Regel die im Bußgeldkatalog bestimmte Dauer festzusetzen ist. Im vorliegenden Fall wäre in Ansehung der Voreintragungen durchaus zu erwägen gewesen, ein zweimonatiges Fahrverbot zu verhängen. Denn im vorliegenden Fall ist der Betroffene gerade einmal sechs Monate nachdem er mit 140 km/h auf einer Bundesstraße aufgefallen war nun mit 82 km/h durch eine geschlossene Ortschaft gefahren. Offensichtlich ist er der Meinung, dass die Regelungen der Straßenverkehrsordnung nur unverbindlichen Empfehlungscharakter haben, weswegen es hier einer deutlichen Ahndung bedurft hätte. Nachdem aber im Rahmen der Verkündung der Entscheidung lediglich ein Monat verhängt wurde, hatte es hierbei zu bleiben.
Das Gericht war sich insoweit bewusst, dass es unter Erhöhung der Geldbuße von einer Anordnung eines Fahrverbotes hätte absehen können, hielt dies jedoch nicht für geboten. Von der Verhängung eines Fahrverbotes kann, wenn wie hier ein Regelfall vorliegt, nur abgesehen werden, wenn entweder Tatumstände äußerer oder innerer Art oder eine erhebliche Härte die Ausnahme von der Anordnung eines Fahrverbotes rechtfertigen. Für einen derartigen Ausnahmefall, also erhebliche Abweichungen vom Normalfall, gab es jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen wäre es ohnehin abwegig gewesen, vom Fahrverbot abzusehen.
VI.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG und § 465 StPO.