Skip to content
Menü

Führerscheinherausgabeverlangen im Wege der einstweiligen Anordnung

Eine 53-jährige Frau kämpft um ihren Führerschein, nachdem die Behörden ihn wegen einer angeblichen Fahrerlaubnisentziehung vor 30 Jahren eingezogen haben. Obwohl sie mehrfach ohne Beanstandungen am Straßenverkehr teilgenommen hat, zweifelt die Behörde die Gültigkeit ihres Führerscheins an. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf muss nun entscheiden, ob die Frau ihren Führerschein zurückerhält oder ob die Verkehrssicherheit Vorrang hat.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Antragstellerin beantragte die Umstellung ihres rosafarbenen Führerscheins in einen Kartenführerschein.
  • Die Behörde lehnte ab und behielt den Führerschein ein, da in der Datei ein Eintrag über eine Fahrerlaubnisentziehung von 1991 vorlag.
  • Die Antragstellerin behauptete, sie wisse nichts von einer Entziehung und wurde seitdem mehrfach ohne Beanstandungen kontrolliert.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für die Herausgabe des Führerscheins nicht glaubhaft gemacht hatte.
  • Die Aktenlage war unklar und konnte im Eilrechtsschutzverfahren nicht ausreichend geprüft werden.
  • Es gibt keine greifbaren Anhaltspunkte für einen Fehler oder eine Verwechselung bei der Dateneingabe.
  • Das Gericht entschied, dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren ihre Ansprüche weiter verfolgen könne.
  • Die Antragstellerin trug die materielle Beweislast für ihre Fahrerlaubnis und konnte diese nicht erfüllen.
  • Ein Verwirkungsverbot für ordnungsbehördliche Pflichten zum Einschreiten bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit wurde festgestellt.
  • Der Antrag auf einstweilige Anordnung wurde abgelehnt.

Führerscheinentzug: Gericht entscheidet über einstweilige Anordnung

Der Führerschein ist für viele Menschen ein essenzielles Gut. Er ermöglicht Mobilität und Unabhängigkeit im Alltag. Doch was passiert, wenn einem der Führerschein entzogen wird und man ihn dringend benötigt? In solchen Fällen kann das Rechtsinstitut der einstweiligen Anordnung hilfreich sein. Dabei wird das Gericht auf Antrag des Betroffenen eine vorläufige Regelung treffen, die dem entzogenen Führerschein zumindest zeitweise wieder Gültigkeit verschaffen kann. Dies ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und unter strenger Abwägung der Interessen aller Beteiligten möglich.

Das Gericht hat dabei zu prüfen, ob der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung eines Führerscheins hat und ob die sofortige Erteilung des Führerscheins – trotz des ursprünglichen Entzugs – notwendig ist. Besondere Bedeutung kommt dabei der Dringlichkeit des Falls zu. So kann es beispielsweise erforderlich sein, dass der Antragsteller den Führerschein für die Ausübung seines Berufs benötigt, um seine Familie zu versorgen oder um medizinische Behandlungen wahrzunehmen. Für die Entscheidung des Gerichts spielt auch die Frage eine Rolle, ob es nach derzeitigem Sachstand wahrscheinlich ist, dass das Hauptverfahren, in dem über die endgültige Erteilung des Führerscheins entschieden wird, zu Gunsten des Antragstellers ausfallen wird.

Im Folgenden wird ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) vorgestellt, in dem es um die Erteilung eines Führerscheins im Wege der einstweiligen Anordnung ging. Dieses Urteil gewährt einen interessanten Einblick in die Fallgestaltung und die damit einhergehenden rechtlichen Aspekte.

Ihr Führerschein wurde ungerechtfertigt entzogen?

Sie kämpfen um Ihren Führerschein, den die Behörden Ihnen aufgrund eines vermeintlichen Entzugs vor Jahren verweigern? Sie sind sich sicher, dass dies ein Irrtum ist und fühlen sich ungerecht behandelt?

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Verkehrsrecht und verfügt über langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Vertretung von Mandanten in ähnlichen Fällen. Wir verstehen Ihre Situation und setzen uns dafür ein, Ihre Rechte zu wahren.

Kontaktieren Sie uns noch heute für eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls. Wir prüfen Ihre Möglichkeiten und beraten Sie über die nächsten Schritte, um Ihren Führerschein zurückzuerhalten.

Ersteinschätzung anfordern

Der Fall vor Gericht


Fahrerlaubnisentziehung nach 30 Jahren: Streit um Rückgabe des Führerscheins

Der Fall dreht sich um eine 53-jährige Frau, die ihren 1988 ausgestellten Führerschein im Juli 2021 gegen einen neuen EU-Kartenführerschein umtauschen wollte. Dabei kam es zu einer überraschenden Wendung: Die zuständige Behörde weigerte sich, den Umtausch vorzunehmen und behielt stattdessen den alten Führerschein ein. Grund dafür war ein Eintrag in der Führerscheindatei, wonach der Frau bereits im April 1991 die Fahrerlaubnis entzogen worden sein soll. Die Behörde geht davon aus, dass die Antragstellerin den Führerschein damals nicht abgegeben hat und eine Fahndung erfolglos blieb.

Die Antragstellerin bestreitet, jemals von einer Fahrerlaubnisentziehung erfahren zu haben. Sie gibt an, seit 1991 mehrfach im Straßenverkehr kontrolliert worden zu sein, ohne dass es zu Beanstandungen kam. Sogar bei einem Verkehrsunfall habe die Polizei ihren Führerschein akzeptiert. Die Behörde erklärt dazu, dass bei Kontrollen üblicherweise keine Überprüfung anhand des Fahrerlaubnisregisters erfolge, wenn der Führerschein äußerlich gültig erscheine.

Rechtliche Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht

Da die Behörde den Führerschein nicht freiwillig herausgeben wollte, wandte sich die Antragstellerin an das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Sie beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Herausgabe ihres Führerscheins. Die Antragstellerin argumentiert, die Behörde müsse die erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis einschließlich aller Details nachweisen. Sie hält einen Fehler oder eine Verwechslung bei der Dateneingabe für möglich und macht hilfsweise eine Verwirkung des behördlichen Anspruchs geltend.

Abwägung zwischen Verkehrssicherheit und individuellem Interesse

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf musste in seinem Beschluss vom 11.11.2021 (Az. 6 L 2028/21) eine schwierige Abwägung vornehmen. Einerseits steht das Interesse der Antragstellerin, ihren Führerschein zurückzuerhalten und damit ihre Fahrerlaubnis nachweisen zu können. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass von dem Führerschein ein unrichtiger und die Verkehrssicherheit gefährdender Rechtsschein ausgeht, falls die Fahrerlaubnis tatsächlich entzogen wurde.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sich die Frage, ob die Antragstellerin noch Inhaberin einer gültigen Fahrerlaubnis ist, im Eilverfahren nicht abschließend klären lässt. Die vorhandene Aktenlage ermöglicht kein eindeutiges Bild der Situation. Sowohl für als auch gegen eine bestehende Fahrerlaubnis gibt es Indizien. Der Führerschein selbst beweist lediglich die ursprüngliche Erteilung im Jahr 1988, lässt aber keine Rückschlüsse auf den aktuellen Status zu.

Entscheidung des Gerichts: Kein Anspruch auf vorläufige Herausgabe

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf vorläufige Herausgabe des Führerscheins ab. Die Antragstellerin konnte nicht glaubhaft machen, dass ihr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Herausgabe zusteht. In dieser unklaren Situation geht die fehlende Nachweisbarkeit zu Lasten der Antragstellerin. Sie trägt die Beweislast dafür, dass sie noch Inhaberin der Fahrerlaubnis ist.

Das Gericht betont, dass der Führerschein als Dokument die materielle Fahrberechtigung nicht begründet. Entscheidend ist allein, ob die Antragstellerin tatsächlich noch Inhaberin einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Sollte dies der Fall sein, wäre der Nachteil durch den einbehaltenen Führerschein weniger gravierend als die mögliche Gefährdung der Verkehrssicherheit durch einen zu Unrecht ausgehändigten Führerschein.

Die endgültige Klärung der Frage, ob die Antragstellerin noch eine gültige Fahrerlaubnis besitzt, bleibt einem möglichen Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dort können weitere Beweise erhoben und Zeugen vernommen werden, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht den Vorrang der Verkehrssicherheit gegenüber individuellen Interessen bei unklarer Rechtslage. Sie betont die Beweislast des Fahrerlaubnisinhabers für den Fortbestand seiner Berechtigung, insbesondere bei widersprüchlichen Indizien. Der Fall unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Dokumentation und regelmäßigen Aktualisierung von Fahrerlaubnisdaten, um langfristige Unklarheiten zu vermeiden. Zudem zeigt er die Grenzen des Eilrechtsschutzes bei komplexen, tatsächlichen Fragen auf.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihnen der Führerschein entzogen wurde und Sie ihn im Eilverfahren zurückerlangen wollen, stehen die Chancen eher schlecht. Das Gericht priorisiert die Verkehrssicherheit über Ihre persönlichen Mobilitätsbedürfnisse. Sie müssen schlüssig nachweisen, dass Sie noch eine gültige Fahrerlaubnis besitzen – bloße Behauptungen oder der Besitz des Führerscheindokuments reichen nicht aus. Selbst wenn Sie jahrelang unbehelligt gefahren sind, ist das kein Beweis für eine bestehende Fahrerlaubnis. Im Zweifel geht das Gericht davon aus, dass die behördlichen Aufzeichnungen korrekt sind. Eine endgültige Klärung ist nur im Hauptsacheverfahren möglich, was bedeutet, dass Sie möglicherweise längere Zeit ohne Fahrerlaubnis auskommen müssen.


FAQ – Häufige Fragen

Der Verlust des Führerscheins ist ein einschneidendes Erlebnis. Oftmals stellt sich die Frage, wie es nach einer Fahrerlaubnisentziehung weitergeht und wann der Führerschein wieder in den eigenen Besitz gelangt. Diese FAQ bietet Ihnen umfassende und leicht verständliche Informationen rund um das Thema Rückgabe des Führerscheins und hilft Ihnen, den Überblick zu behalten.


Welche Möglichkeiten habe ich, wenn mein Führerschein eingezogen wurde und ich dringend auf ihn angewiesen bin?

Bei einem Führerscheinentzug gibt es verschiedene Möglichkeiten, um schnellstmöglich wieder fahren zu dürfen. Eine wichtige Option ist das Führerscheinherausgabeverlangen im Wege der einstweiligen Anordnung. Hierbei handelt es sich um ein beschleunigtes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, das auf § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung basiert.

Betroffene können einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen, wenn sie dringende Gründe für die sofortige Wiedererlangung der Fahrerlaubnis darlegen können. Das Gericht prüft dann in einem summarischen Verfahren, ob ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen. Ein Anordnungsanspruch besteht, wenn der Antragsteller glaubhaft machen kann, dass ihm ein Recht auf Herausgabe des Führerscheins zusteht. Dies kann der Fall sein, wenn der Entzugsbescheid rechtswidrig war oder neue Tatsachen eingetreten sind, die eine Neubeurteilung der Fahreignung rechtfertigen.

Der Anordnungsgrund liegt vor, wenn dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Hier spielen persönliche und berufliche Gründe eine wichtige Rolle. Wer etwa seinen Arbeitsplatz zu verlieren droht, weil er ohne Führerschein nicht zur Arbeitsstelle gelangen kann, hat bessere Chancen auf eine positive Entscheidung. Bei der Prüfung nimmt das Gericht eine Interessenabwägung vor. Es wägt das private Interesse des Antragstellers an der sofortigen Wiedererlangung der Fahrerlaubnis gegen das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit ab.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine vorläufige Fahrerlaubnis zu beantragen. Diese kann in bestimmten Fällen erteilt werden, wenn besondere Härten vorliegen und keine Gefährdung der Verkehrssicherheit zu befürchten ist. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch sehr streng.

Alternativ können Betroffene auch versuchen, die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu beschleunigen. Dies setzt in der Regel voraus, dass sie ihre Fahreignung nachweisen, etwa durch ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten. Je früher man die notwendigen Schritte einleitet, desto schneller kann man wieder legal am Straßenverkehr teilnehmen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erfolgsaussichten eines Eilantrags stark vom Einzelfall abhängen. Gerichte sind bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in Führerscheinangelegenheiten generell zurückhaltend, da der Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrzeugführern Vorrang hat. Je schwerwiegender der Grund für den Führerscheinentzug war, desto höher sind die Anforderungen an die Begründung des Eilantrags.

In jedem Fall empfiehlt es sich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein erfahrener Verkehrsrechtsanwalt kann die Erfolgsaussichten im konkreten Fall einschätzen und bei der Antragstellung unterstützen. Er kann auch alternative Möglichkeiten aufzeigen, wie etwa die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung für bestimmte Fahrten oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel während der Sperrfrist.

zurück


Was muss ich nachweisen, um meinen Führerschein im Eilverfahren zurückzubekommen?

Zunächst muss ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies erfordert den Nachweis einer besonderen Dringlichkeit, die über bloße Unannehmlichkeiten hinausgeht. Schwerwiegende berufliche Nachteile können einen solchen Anordnungsgrund darstellen. Rein private Einschränkungen reichen in der Regel nicht aus. Der Antragsteller muss konkret darlegen, warum es für ihn unzumutbar ist, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Darüber hinaus muss der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nachweisen. Hierfür sind überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache erforderlich. Dies bedeutet, dass der Antragsteller Beweise und Argumente vorlegen muss, die seine Fahreignung belegen. Dazu können ärztliche Gutachten, Abstinenzbelege oder Nachweise über die Teilnahme an Verkehrsschulungen dienen.

In vielen Fällen verlangt die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU). Die Weigerung, ein solches Gutachten beizubringen, führt in der Regel zur Ablehnung des Eilantrags. Der Antragsteller muss daher entweder ein positives MPU-Gutachten vorlegen oder stichhaltige Gründe darlegen, warum die Anordnung einer MPU rechtswidrig war.

Bei wiederholten Führerscheinentzügen oder Entzügen aufgrund von Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr gelten besonders strenge Maßstäbe. In diesen Fällen muss der Antragsteller besonders überzeugend darlegen, dass von ihm keine Gefahr für die Verkehrssicherheit mehr ausgeht.

Die Gerichte prüfen im Eilverfahren auch, ob dem Antragsteller alternative Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um seine dringenden Bedürfnisse zu erfüllen. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Taxis oder die Unterstützung durch Angehörige können Gründe sein, einen Eilantrag abzulehnen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Glaubwürdigkeit des Antragstellers. Widersprüchliche Angaben oder Verhaltensweisen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit aufkommen lassen, können den Erfolg des Eilantrags gefährden. Der Antragsteller sollte daher in allen Erklärungen und Nachweisen konsistent und ehrlich sein.

Bei der Prüfung des Eilantrags wägen die Gerichte stets das private Interesse des Antragstellers gegen das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit ab. Der Antragsteller muss daher nicht nur seine persönliche Notlage darlegen, sondern auch überzeugend argumentieren, warum seine sofortige Teilnahme am Straßenverkehr keine Gefährdung darstellt.

In der Praxis erweist sich die Rückgabe des Führerscheins im Eilverfahren als äußerst schwierig. Die Gerichte legen strenge Maßstäbe an, um eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung zu vermeiden. Nur in Ausnahmefällen, wenn der Antragsteller schwerste und unzumutbare Nachteile glaubhaft machen kann, besteht eine realistische Chance auf Erfolg.

zurück


Welche Rolle spielt die Aktenlage bei der Entscheidung über meinen Führerschein?

Die Aktenlage spielt eine entscheidende Rolle bei behördlichen Entscheidungen über den Führerschein. Behörden stützen ihre Beurteilung der Fahreignung maßgeblich auf die in den Akten dokumentierten Informationen und Vorfälle. Vollständige und korrekte Akten bilden die Grundlage für rechtmäßige Entscheidungen der Fahrerlaubnisbehörde.

Fehlende oder unvollständige Aktenbestandteile können zu Verzögerungen oder Fehleinschätzungen führen. Die Behörde muss ihre Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen. Lücken in der Dokumentation erschweren die Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns und können die Rechtmäßigkeit der Entscheidung in Frage stellen.

Bei Zweifeln an der Fahreignung fordert die Behörde häufig ein medizinisch-psychologisches Gutachten an. Die Anordnung einer solchen Untersuchung muss sich auf konkrete Tatsachen in den Akten stützen. Fehlen relevante Unterlagen, kann die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung angezweifelt werden.

Das Recht auf Akteneinsicht ermöglicht es Betroffenen, die Entscheidungsgrundlagen der Behörde nachzuvollziehen. Eine unvollständig gewährte Akteneinsicht vor Erlass eines Bescheids kann einen Verfahrensfehler darstellen. Dies kann unter Umständen zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führen.

Im Falle eines Rechtsstreits über die Herausgabe des Führerscheins kommt der Aktenlage besondere Bedeutung zu. Das Gericht prüft anhand der Akten, ob die Entscheidung der Behörde rechtmäßig war. Unvollständige Akten erschweren die gerichtliche Kontrolle und können die Erfolgsaussichten eines Eilantrags auf Herausgabe des Führerscheins erhöhen.

Die Behörde trägt die Beweislast für das Vorliegen von Eignungsmängeln. Bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der Akten, kann dies zu Gunsten des Betroffenen ausgelegt werden. In Eilverfahren zur Führerscheinherausgabe prüft das Gericht die Erfolgsaussichten in der Hauptsache summarisch anhand der vorliegenden Akten.

Betroffene sollten bei Zweifeln an der Vollständigkeit der Akten ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen. So können sie überprüfen, ob alle relevanten Unterlagen vorhanden sind und gegebenenfalls auf Ergänzung hinwirken. Dies dient der Wahrung ihrer Rechte im Verwaltungsverfahren und verbessert die Chancen in einem möglichen gerichtlichen Eilverfahren zur Führerscheinherausgabe.

zurück


Welche Chancen habe ich, wenn es widersprüchliche Einträge in meiner Führerscheindatei gibt?

Bei widersprüchlichen Einträgen in der Führerscheindatei bestehen durchaus Möglichkeiten, diese zu korrigieren und die eigenen Rechte zu wahren. Zunächst ist es wichtig, sich einen Überblick über die vorhandenen Daten zu verschaffen. Dazu kann eine Karteikartenabschrift aus dem Zentralen Fahrerlaubnisregister beantragt werden. Diese Abschrift enthält alle Eintragungen zum Führerschein und bestätigt dessen Gültigkeit sowie die Fahrzeugklassen, für die eine Fahrerlaubnis besteht.

Werden tatsächlich Unstimmigkeiten oder fehlerhafte Einträge festgestellt, sollte umgehend die zuständige Fahrerlaubnisbehörde kontaktiert werden. Es empfiehlt sich, die Korrektur schriftlich zu beantragen und dabei möglichst detailliert darzulegen, welche Einträge fehlerhaft sind und warum. Zur Untermauerung des Antrags sollten alle verfügbaren Beweismittel vorgelegt werden. Dies können beispielsweise der originale Führerschein, Bescheide über Fahrerlaubniserteilungen oder -erweiterungen sowie andere behördliche Dokumente sein, die den korrekten Sachverhalt belegen.

In komplexeren Fällen kann es ratsam sein, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann bei der Durchsetzung der Rechte gegenüber der Behörde helfen und gegebenenfalls auch rechtliche Schritte einleiten.

Sollte die Behörde trotz eindeutiger Beweislage nicht bereit sein, die Einträge zu korrigieren, besteht die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids bei der Behörde eingereicht werden. Dabei ist es wichtig, die Gründe für den Widerspruch ausführlich darzulegen und alle relevanten Beweise beizufügen.

In besonders dringenden Fällen, etwa wenn aufgrund der fehlerhaften Einträge der Führerschein entzogen wurde, kann auch ein Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht gestellt werden. Das Gericht kann dann im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Herausgabe des Führerscheins verfügen, bis der Fall abschließend geklärt ist.

Es ist zu beachten, dass die Beweislast für die Richtigkeit der eigenen Angaben beim Betroffenen liegt. Daher ist es von großer Bedeutung, alle relevanten Unterlagen sorgfältig aufzubewahren und im Zweifelsfall vorzulegen. Besonders wichtig sind hierbei Dokumente, die den rechtmäßigen Erwerb der Fahrerlaubnis belegen.

Die Chancen auf eine erfolgreiche Korrektur der Führerscheindatei stehen grundsätzlich gut, wenn eindeutige Beweise für die Richtigkeit der eigenen Angaben vorgelegt werden können. Behörden sind verpflichtet, offensichtliche Fehler zu korrigieren und die Daten auf dem aktuellen Stand zu halten. Allerdings kann der Prozess je nach Komplexität des Falls einige Zeit in Anspruch nehmen.

zurück


Was passiert, wenn die Behörde meinen Führerschein einbehalten hat, ich aber nie von einer Entziehung erfahren habe?

Bei einer behördlichen Einbehaltung des Führerscheins ohne Kenntnis des Betroffenen von einer Entziehung der Fahrerlaubnis liegt eine rechtlich komplexe Situation vor. Die Behörde ist grundsätzlich verpflichtet, den Betroffenen über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu informieren. Dies geschieht in der Regel durch einen schriftlichen Bescheid, der dem Betroffenen zugestellt wird.

Behauptet der Betroffene, niemals über eine Entziehung informiert worden zu sein, prüft das Gericht diese Aussage eingehend. Dabei wird untersucht, ob die Behörde den Entziehungsbescheid ordnungsgemäß zugestellt hat. Die Behörde muss nachweisen können, dass der Bescheid dem Betroffenen zugegangen ist. Dies kann beispielsweise durch einen Zustellungsnachweis oder eine Empfangsbestätigung erfolgen.

Das Gericht berücksichtigt bei seiner Prüfung verschiedene Faktoren. Es wird untersucht, ob der Betroffene unter der angegebenen Adresse erreichbar war oder ob es Anhaltspunkte für einen Umzug oder eine längere Abwesenheit gab. Auch die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Betroffenen spielt eine wichtige Rolle. Das Gericht kann beispielsweise prüfen, ob der Betroffene in der Vergangenheit ähnliche Behauptungen aufgestellt hat oder ob es andere Gründe gibt, an seiner Darstellung zu zweifeln.

Kann die Behörde nicht nachweisen, dass der Entziehungsbescheid ordnungsgemäß zugestellt wurde, kann dies rechtliche Konsequenzen haben. In solchen Fällen könnte die Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtswidrig eingestuft werden. Der Betroffene hätte dann möglicherweise Anspruch auf Herausgabe seines Führerscheins.

Es ist wichtig zu beachten, dass die bloße Behauptung des Betroffenen, nichts von der Entziehung gewusst zu haben, in der Regel nicht ausreicht. Er muss seine Aussage glaubhaft machen und gegebenenfalls durch Beweise untermauern. Dies könnte beispielsweise durch eidesstattliche Versicherungen von Familienangehörigen oder Nachbarn erfolgen, die bestätigen, dass kein Behördenschreiben eingegangen ist.

In Fällen, in denen der Führerschein von der Behörde einbehalten wurde, ohne dass der Betroffene von einer Entziehung wusste, kann ein Antrag auf einstweilige Anordnung zur Herausgabe des Führerscheins in Betracht kommen. Hierbei muss der Betroffene darlegen, dass ihm durch die Einbehaltung des Führerscheins ein schwerwiegender Nachteil droht, der nicht anders abgewendet werden kann.

Bei der gerichtlichen Prüfung solcher Fälle wird auch berücksichtigt, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich von der Entziehung wusste, dies aber bestreitet. Hierzu können beispielsweise Zeugenaussagen von Polizeibeamten herangezogen werden, die bei einer Verkehrskontrolle mit dem Betroffenen gesprochen haben.

Es ist ratsam, in solchen Situationen umgehend rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann die Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahmen prüfen und gegebenenfalls geeignete rechtliche Schritte einleiten, um die Herausgabe des Führerscheins zu erwirken.

zurück


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Einstweilige Anordnung: Eine vorläufige gerichtliche Entscheidung, die getroffen wird, um einen Zustand bis zur endgültigen Klärung eines Rechtsstreits zu regeln. Im Kontext des Führerscheinentzugs kann eine einstweilige Anordnung beantragt werden, um den Führerschein vorläufig zurückzuerhalten.
  • Fahrerlaubnisentziehung: Ein behördlicher oder gerichtlicher Akt, durch den die Erlaubnis, Fahrzeuge zu führen, entzogen wird. Diese Maßnahme erfolgt häufig aus Gründen der Verkehrssicherheit, beispielsweise bei wiederholten Verkehrsverstößen oder gesundheitlichen Problemen.
  • Glaubhaftmachung: Im Eilverfahren muss der Antragsteller Tatsachen nicht vollständig beweisen, sondern lediglich glaubhaft machen. Das bedeutet, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Tatsachen bestehen muss, etwa durch Vorlage von Dokumenten oder eidesstattliche Versicherungen.
  • Verwaltungsakt: Eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Außenwirkung. Im Fall des Führerscheinentzugs muss geklärt werden, ob die behördliche Entscheidung einen solchen Verwaltungsakt darstellt, der angefochten werden kann.
  • Beweislast: Die Pflicht, die für einen Anspruch maßgeblichen Tatsachen zu beweisen. Im Kontext des Führerscheinentzugs bedeutet dies, dass der Antragsteller nachweisen muss, dass er weiterhin eine gültige Fahrerlaubnis besitzt, um den Führerschein zurückzuerhalten.
  • Verwirkung: Ein Rechtsbegriff, der besagt, dass ein Recht verwirkt ist, wenn der Berechtigte es über einen längeren Zeitraum nicht geltend macht und der Verpflichtete darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird. Die Antragstellerin argumentiert hier, dass die Behörde das Recht auf Entziehung des Führerscheins verwirkt habe, weil die Entziehung angeblich vor 30 Jahren erfolgte und seitdem keine Maßnahmen ergriffen wurden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 22 Abs. 3 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung): Die Fahrerlaubnisbehörde ist verpflichtet, den Führerschein auszufertigen und auszuhändigen, wenn alle Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis vorliegen. Im vorliegenden Fall ist die zentrale Frage, ob die Antragstellerin noch im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, da der Führerschein selbst lediglich die ursprüngliche Erteilung belegt, nicht aber den aktuellen Status.
  • § 35 Satz 1 VwVfG NRW (Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen): Ein Verwaltungsakt ist eine hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob das Schreiben der Behörde, in dem der Umtausch des Führerscheins verweigert wurde, einen Verwaltungsakt darstellt, da es möglicherweise an der erforderlichen Regelungswirkung fehlt.
  • § 37 Abs. 6 Satz 1 VwVfG NRW: Dieser Paragraph schreibt vor, dass ein Verwaltungsakt eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten muss, die den Betroffenen über die Möglichkeit und Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs informiert. Das Fehlen einer solchen Belehrung im Schreiben der Behörde könnte ein Indiz dafür sein, dass es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt.
  • § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht. Eine solche Anordnung kann ergehen, wenn die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin eine einstweilige Anordnung auf Herausgabe ihres Führerscheins beantragt.
  • § 920 Abs. 2 ZPO (Zivilprozessordnung): Diese Vorschrift findet im Rahmen des § 123 Abs. 3 VwGO Anwendung und regelt die Glaubhaftmachung von Tatsachen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Antragstellerin muss demnach glaubhaft machen, dass ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf die begehrte Maßnahme zusteht und dass die Eilbedürftigkeit der Sache gegeben ist.

Das vorliegende Urteil


VG Düsseldorf – Az.: 6 L 2028/21 – Beschluss vom 11.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner erteilte der am 00.00.1968 geborenen Antragstellerin ausweislich des bei der Verwaltungsakte befindlichen rosafarbenen Führerscheins am 11. August 1988 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 3. Im örtlichen Fahrerlaubnisregister war der Führerschein unter der Listennummer XX 000000/00 eingetragen. Als Ende der Probezeit weist er den 11. August 1990 aus. Der Antragsgegner verfügt nach seinem Vortrag nicht über eine Fahrerlaubnisakte, die die fahrerlaubnisbezogenen Vorgänge vom Erwerb bis heute dokumentiert. Er erklärt, dass nahezu alle behördlichen Unterlagen vernichtet worden seien.

Am 22. Juli 2021 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner während einer persönlichen Vorsprache, ihren rosafarbenen Führerschein in den heute gebräuchlichen Kartenführerschein umzutauschen. Der Antragsgegner weigerte sich und behielt stattdessen den rosafarbenen Führerschein ein. Denn die Führerscheindatei enthielt neben den bereits genannten Daten unter der Rubrik „Kz.“ die Eintragung „Entz.“ sowie die Eintragung „Endgültiger Entzug FS, Maßnahmegrund: sonstiger, Datum ab: 25.04.1991, Datum der Entscheidung: 25.04.1991, Behörde/Gericht: unbekannt“. Weiterhin enthält die örtliche Datei den Eintrag: „21561/90 – nicht im Keller (aufgelöst), FS.NOCH NICHT EINGEZOGEN, FAHNDUNG“. Der Antragsgegner geht davon aus, dass die Antragstellerin nach der Entziehung der Fahrerlaubnis im Jahr 1991 den Führerschein nicht abgegeben hat. Die daraufhin vermutlich vorgenommene Ausschreibung zur Fahndung sei nach Ablauf der Regelfrist wohl fruchtlos gelöscht worden. Auch das Kraftfahrtbundesamt, dem die Entziehung habe gemeldet werden müssen, habe nach 15 Jahren, also spätestens im Jahr 2007 alle Unterlagen darüber vernichtet. Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Antragstellerin zunächst wieder eine Fahrerlaubnis erwerben müsse, die ihr dann in Form des beantragten Kartenführerscheins erteilt werde.

Die Antragstellerin behauptet, sie wisse nichts von einer Fahrerlaubnisentziehung. Sie sei seit 1991 vielfach im Straßenverkehr kontrolliert worden. Sie sei sogar in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen. Die herbeigerufene Polizei habe ihren Führerschein kontrolliert und keine Auffälligkeiten festgestellt. Hiergegen erklärt der Antragsgegner nach Rücksprache mit der Polizei, dass diese üblicherweise keine Führerscheine anhand des Fahrerlaubnisregisters überprüfe, die nach dem äußeren Erscheinungsbild gültig seien. Deswegen könne aus der Nichtbeanstandung nicht der Schluss gezogen werden, die Fahrerlaubnis sei nicht entzogen gewesen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, der Antragsgegner müsse die erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis nachweisen, und zwar einschließlich der Art der Entziehungsmaßnahme und der Behörde bzw. des Gerichts, das sie ausgesprochen habe. Es könne ohne Weiteres zu einem Fehler oder einer Verwechselung bei der Eintragung der Daten in die Datei des Antragsgegners gekommen sein. Schließlich wendet sie Verwirkung ein.

Die Antragstellerin beantragt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den einbehaltenen rosafarbenen Führerschein, ausgestellt am 11. August 1988, Listennummer XX 000000/00, vorläufig wieder an die Antragstellerin herauszugeben.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Der Antrag ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin kann ihr Begehren, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO, in der Hauptsache im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen.

Vgl. Kammerurteil vom 16. Februar 2017 – 6 K 8088/16, juris Rn. 27.

Ihr Begehren ist auf die Herausgabe ihres Führerscheins und damit auf ein schlichtes Verwaltungshandeln gerichtet. Der Antrag auf Eilrechtsschutz richtet sich daher nicht nach dem gem. § 123 Abs. 5 VwGO vorrangigen § 80 Abs. 5 VwGO, weil der Antragsgegner das Erlöschen ihrer Fahrerlaubnis nicht durch einen Verwaltungsakt festgestellt hat. Dem Schreiben vom 22. Juli 2021 fehlt die für einen Verwaltungsakt i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG NRW konstitutive Regelungswirkung. Der Antragsgegner verweist dort lediglich auf die nach seiner Ansicht vor rund 30 Jahren erfolgte Fahrerlaubnisentziehung und teilt den Einbehalt des rosafarbenen Führerscheins sowie die Anforderungen an eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis mit. Gegen einen Verwaltungsakt spricht in formeller Hinsicht auch die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung, die nach § 37 Abs. 6 Satz 1 VwVfG NRW für Verwaltungsakte obligatorisch ist.

2. Der Antrag ist indessen nicht begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich ist danach ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Sache, sowie ein Anordnungsanspruch, d.h. ein Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind die einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen.

Die Antragstellerin hat bereits nicht glaubhaft gemacht, dass ihr mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Herausgabe ihres Führerscheins zusteht, den der Antragsgegner am 22. Juli 2021 einbehalten hat.

Anspruchsgrundlage für die Herausgabe ist § 22 Abs. 3 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein ausfertigen zu lassen und auszuhändigen hat, wenn alle Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis vorliegen. Die Vorschrift ist im Abschnitt „Verfahren bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis“ verortet und regelt die Ausfertigungs- und Aushändigungspflicht im Rahmen des Erlaubniserteilungsverfahrens. Ist dem Fahrerlaubnisinhaber bereits ein Führerschein ausgehändigt worden, dieser aber (erneut) in den Besitz der Fahrerlaubnisbehörde gelangt, ohne dass die Fahrerlaubnis erloschen ist, besteht hiernach jedoch erst Recht ein Anspruch auf Herausgabe.

Vgl. Kammerurteil, vom 16. Februar 2017 – 6 K 8088/16, juris Rn. 29; VG Bremen, Beschluss vom 11. Februar 2021 – 5 V 2934/20, juris Rn. 23; VG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2014 – 15 E 521/14, juris Rn. 4; VG Gera, Beschluss vom 9. Januar 2019 – 3 E 2255/18, juris Rn. 30.

§ 22 FeV verdrängt als Spezialgesetz den allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch, soweit der Anspruchsteller – wie hier – geltend macht, die Behörde behalte seinen (existierenden) Führerschein rechtswidrig ein.

Mit den beschränkten Mitteln, die der Kammer im Eilrechtsschutzverfahren zu Gebote stehen, lässt sich nicht aufklären, ob die Antragstellerin (noch) Inhaberin einer Fahrerlaubnis ist. Die Aktenlage ermöglicht kein klares Tatsachenbild. Der bei der Akte befindliche Führerschein beweist lediglich, dass der Antragstellerin im Jahr 1988 die Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 3 erteilt worden ist. Er lässt jedoch keine Schlüsse darauf zu, ob sie die Fahrerlaubnis bis heute inne hält.

Gegen ihre Inhaberschaft sprechen die Vermerke des Antragsgegners, die er seinen rudimentären Aufzeichnungen (Fahrerlaubnisdatei) über die Fahrerlaubnis der Antragstellerin entnehmen kann. Danach erscheint es ohne Weiteres möglich, dass der Antragstellerin die Fahrerlaubnis im Jahr 1991 bereits entzogen worden ist. Dass sie noch über ihren Führerschein verfügt spricht nicht dagegen, weil der Antragsgegner vermerkt hat, dass der Führerschein zur Fahndung ausgeschrieben war, diese aber – offenbar – erfolglos geblieben ist.

Hieran ändert nichts, wenn man den antragstellerischen Vortrag, ihr Führerschein sei anlässlich eines selbst verschuldeten Verkehrsunfalls von der Polizei akzeptiert worden, als wahr unterstellt. Im zentralen Fahrerlaubnisregister sind erst Führerscheine enthalten, die ab 1999 ausgestellt worden sind. Der Führerschein der Antragstellerin stammt aber von 1988. Weiterhin prüft die Polizei nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners nicht routinemäßig bei der örtlichen Fahrerlaubnisbehörde – zumal wenn sich der Unfall außerhalb der regulären Dienstzeiten der Verkehrsverwaltung ereignet haben mag -, ob ein augenscheinlich gültiger Führerschein auch inhaltlich (noch) richtig ist.

Soweit die Antragstellerin einen Fehler oder eine Verwechselung bei der Dateneingabe mutmaßt, war dem im Eilrechtsschutzverfahren nicht weiter nachzugehen. Greifbare Anhaltspunkte dafür gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um Behauptungen ins Blaue, denen – bei näherer Substanziierung – erst in einem Hauptsacheverfahren nachgegangen werden kann.

Die in § 25 Abs. 4 FeV für Ersatzführerscheine beispielhaft aufgezählten Erkenntnisquellen für den Bestand der Fahrerlaubnis sind nicht abschließend. Kann der Nachweis nicht auf diese Weise oder durch andere amtliche Unterlagen über die Erteilung der Fahrerlaubnis geführt werden, können nach den allgemeinen Regeln der Tatsachenfeststellung auch andere Urkunden, aus denen sich die Betriebsart und Klasse der Fahrerlaubnis unmittelbar und unzweifelhaft ergibt, anerkannt werden. Darüber hinaus können andere Bescheinigungen, Erklärungen glaubwürdiger Zeugen oder sonstige Beweismittel im Rahmen der freien Beweiswürdigung von der Verwaltungsbehörde und vom Gericht anerkannt werden, wenn der Nachweis anders nicht erbracht werden kann, vgl. § 96 VwGO, § 26 VwVfG NRW. Eine solche Beweisaufnahme ist dem Eilrechtsschutzverfahren jedoch verwehrt und dem Klageverfahren vorbehalten.

Nach den im Eilrechtsschutzverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln der Glaubhaftmachung erscheint es sowohl möglich, dass die Antragstellerin Inhaberin einer Fahrerlaubnis ist als auch, dass sie ihre Fahrerlaubnis bereits 1991 durch Entziehung verloren hat. Damit bleibt die Rechtstatsache der Inhaberschaft der Fahrerlaubnis auch am – im Vergleich zum Überzeugungsgrundsatz, § 108 VwGO – abgesenkten Maßstab der Glaubhaftmachung unaufklärbar („non liquet“).

Diese Unaufklärbarkeit geht zu Lasten der Antragstellerin. Der Verwaltungsprozess kennt im Gegensatz zum Zivilprozess zwar grundsätzlich keine Behauptungslast und keine Beweisführungspflicht (formelle Beweislast), da diese mit dem Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO nicht vereinbar wären. Gleichwohl kennt er die materielle Beweislast des „non liquet“, d. h. die Notwendigkeit, die trotz aller Bemühungen des Gerichts gegebenenfalls verbleibende Unerweislichkeit von Tatsachen zu Lasten eines Prozessbeteiligten gehen zu lassen.

Welchem Beteiligten es zum Nachteil gereicht, wenn die vom Gericht aufgrund seiner gemäß § 86 Abs. 1 VwGO bestehenden Amtsermittlungspflicht vorgenommenen Ermittlungen zu keinem Ergebnis führen, der Sachverhalt also in einem wesentlichen Punkt ungeklärt bleibt, ist für den Verwaltungsprozess in Anlehnung an die im Zivilprozess entwickelten Grundsätze zu beantworten. Hiernach trägt – wie überwiegend angenommen wird – grundsätzlich jeder Beteiligte die (materielle) Beweislast, für die ihm günstigen Voraussetzungen einer Norm. Maßgeblich für die materielle Beweislast sind primär die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und, soweit solche fehlen, die allgemeinen Grundsätze über die Verteilung der Beweislast. Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190.93, NJW 1994, 468; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1979 – IV C 52.76, DÖV 1979, 602 m.w.N.; Kallerhoff/Fellenberg, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 55.

Auf den Anspruch auf Herausgabe eines existierenden, von der Behörde einbehaltenen Führerscheins gewendet bedeutet das: Der (ggf. vermeintliche) Inhaber der Fahrerlaubnis, der den Führerschein herausverlangt, hat den Nachweis dafür zu erbringen, dass er materiell fahrberechtigt, also Inhaber der Fahrerlaubnis ist, die aus dem Führerschein hervorgeht. Denn der aus § 22 Abs. 3 FeV folgende Anspruch auf Herausgabe eines existierenden Führerscheins besteht nur, wenn der Anspruchsteller Inhaber der Fahrerlaubnis ist. Das wird von § 25 Abs. 4 Satz 2 und 3 FeV bestätigt, der die Ausstellung eines Ersatzführerscheins bei abhandengekommenem Führerschein regelt. In diesen Fällen hat sich die Fahrerlaubnisbehörde auf Kosten des Antragstellers durch die Einholung einer Auskunft aus dem Zentralen Fahrerlaubnisregister und aus dem Fahreignungsregister zu vergewissern, dass der Antragsteller die entsprechende Fahrerlaubnis besitzt. Sie kann außerdem – in der Regel über das Kraftfahrt-Bundesamt – auf seine Kosten eine Auskunft aus den entsprechenden ausländischen Registern einholen.

Dieser Nachweis ist der Antragstellerin (bislang) nicht gelungen, da ebenso viel für wie gegen ihre Fahrerlaubnisinhaberschaft spricht. Sie hat die Tatsachen, die den Herausgabeanspruch begründen könnten, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

Soweit die Antragstellerin hilfsweise Verwirkung einwendet, weil die – von ihr bestrittene – Entziehung bereits 30 Jahre zurückliegt, kann die Kammer dem nicht folgen. Denn verwirkbar sind lediglich verfügbare (disponible) Rechte, aber keine ordnungsbehördlichen Pflichten zum Einschreiten bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Eine solche liegt hier vor, denn von dem rosafarbenen Führerschein geht aus der maßgeblichen Sicht des Antragsgegners der unrichtige Rechtsschein aus, die Antragstellerin verfüge über eine Fahrerlaubnis. Ob hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Behörde dem Ordnungspflichtigen, hier der Antragstellerin, unzweideutig zu erkennen gegeben hat, dass sie gegen den rechtswidrigen Zustand nicht einschreiten, sondern diesen hinnehmen werde, muss die Kammer nicht entscheiden. Denn für eine solche „aktive Duldung“ hat die Antragstellerin nichts vorgetragen. Im Gegenteil hat der Antragsgegner durch die Ausschreibung zur Fahndung auch nach außen hin alles dafür getan, um den erkannten rechtswidrigen Zustand zu beenden.

3. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Tatsachenlage derzeit so vage ist, dass eine hinreichend tragfähige Einschätzung des Anordnungsanspruchs ausgeschlossen ist, bleibt der Eilantrag ohne Erfolg.

In diesem Fall kann das Gericht lediglich eine Interessenabwägung in Form einer Folgenabschätzung vornehmen. Dabei sind die Folgen, die eintreten, wenn die einstweilige Anordnung ergeht, der geltend gemachte Herausgabeanspruch aber nicht besteht, weil die Antragstellerin nicht materiell fahrberechtigt ist, gegen die Folgen abzuwägen, die eintreten, wenn der Führerschein einbehalten wird, sich der Einbehalt aber später als rechtswidrig erweist, weil die Antragstellerin in Wirklichkeit Fahrerlaubnisinhaberin ist.

Vgl. zu dieser Methode: BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 (= juris Rn. 23 ff.).

Diese Abwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus. Denn sie hat kein besonders gewichtiges Interesse an der Rückgabe ihres Führerscheindokuments. Zwar ist die Fahrerlaubnis durch den Führerschein nachzuweisen, § 2 Abs. 1 Satz 3 StVG. Der Führerschein begründet die materielle Fahrerlaubnis und damit das Recht, fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge zu führen, aber nicht. Vielmehr kommt es für die materielle Fahrberechtigung nur darauf an, ob die Antragstellerin derzeit Inhaberin einer Fahrerlaubnis ist. Kann sie über den Führerschein als körperlichen Gegenstand und Nachweisdokument nicht verfügen, hat das keinen Einfluss auf ihre Fahrerlaubnis, die lediglich als ungegenständliche Rechtsposition existiert.

Vgl. BGH, Urteil vom 7. April 1966 – II ZR 12/64, NJW 1966, 1216; missverständlich OVG LSA, Beschluss vom 20. November 2015 – 3 L 102/15, NZV 2016, 597.

Fehlt der Antragstellerin die Fahrerlaubnis, geht von dem Führerschein – der erst mit dem Ende der Übergangsfrist am 19. Januar 2024 ungültig wird (Anlage 8e I) Zeile 4, zu § 24a Abs. 2 Satz 1 FeV) – ein unrichtiger und die Verkehrssicherheit gefährdender Rechtsschein aus.

Ist die Antragstellerin dagegen in Wahrheit Inhaberin der Fahrerlaubnis (geblieben), kann sie lediglich ihren aus dem StVG folgenden Nachweispflichten nicht genügen, wenn ihr der Führerschein für die Dauer des Eilrechtsschutzverfahrens vorenthalten bleibt. Dieser Nachteil erscheint weniger gewichtig als der ggf. unrichtige Rechtsschein des zu Unrecht ausgehändigten Führerscheins. Das gilt auch, weil in einem evtl. Bußgeldverfahren wegen nicht mitgeführten Führerscheins zu ihren Gunsten berücksichtigt würde, dass sich der Führerschein in amtlicher Verwahrung befindet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Das Interesse an dem Führerschein wird im Hauptsacheverfahren mit dem Betrag des halben Auffangwertes des § 52 Abs. 2 GKG angesetzt. In Verfahren betreffend die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ermäßigt sich der danach zu berücksichtigende Betrag von 2.500,- Euro wegen der Vorläufigkeit der erstrebten Entscheidung um die Hälfte.


Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!