Bußgeldverfahren: Auswerter von Geschwindigkeitsmessungen muss nicht geschult sein
Das Gericht hat entschieden, dass ein spezieller Schulungsnachweis für Auswerter von Geschwindigkeitsmessungen nicht erforderlich ist. Es wurde argumentiert, dass die Auswertenden das Messgerät nicht direkt bedienen und daher nicht dem Bedienpersonal zugeordnet werden können. Zudem wurde der Betroffene wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt und ihm ein einmonatiges Fahrverbot auferlegt.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen.
- Verfahrensrügen als unzulässig erklärt.
- Kein Schulungsnachweis für Auswerter von Geschwindigkeitsmessgeräten erforderlich.
- Auswerter gehört nicht zum Bedienpersonal des Messgeräts.
- Geldbuße von 160 Euro wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
- Einmonatiges Fahrverbot als Maßnahme zur Einhaltung der Verkehrsregeln.
- Das Gericht folgt nicht der PTB-Auffassung, dass Auswertepersonal zum Bedienpersonal zählt.
- Die Beweiswürdigung über die Kompetenz der Auswertungsperson liegt im Ermessen des Gerichts.
Übersicht
- Bußgeldverfahren: Auswerter von Geschwindigkeitsmessungen muss nicht geschult sein
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Geschwindigkeitsübertretungen und ihre rechtlichen Folgen
- Schulungsnachweis bei Geschwindigkeitsmessungen: Ein Rechtsstreit im Fokus
- Die Rolle des Amtsgerichts und die Verfahrensrügen
- Rechtsbeschwerde und die Frage des Schulungsnachweises
- Urteil des Kammergerichts Berlin: Eine richtungsweisende Entscheidung
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Geschwindigkeitsübertretungen und ihre rechtlichen Folgen
Im Zentrum des aktuellen juristischen Diskurses stehen die Anforderungen an Auswerter von Geschwindigkeitsmessungen und die Konsequenzen von Geschwindigkeitsübertretungen im Straßenverkehr. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Frage, inwieweit für die Auswertung dieser Messungen ein formeller Schulungsnachweis notwendig ist. Diese Thematik ist von großer Bedeutung, da sie unmittelbar die Verlässlichkeit und Rechtsgültigkeit von Geschwindigkeitskontrollen betrifft und somit direkte Auswirkungen auf Bußgeldverfahren und daraus resultierende Fahrverbote hat.
Ein weiterer bedeutender Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Rolle des Amtsgerichts bei der Bewertung solcher Fälle, insbesondere im Hinblick auf die Handhabung von Rechtsbeschwerden und Verfahrensrügen. Die juristische Auseinandersetzung mit diesen Punkten bietet nicht nur Einblicke in die spezifischen Herausforderungen des Verkehrsrechts, sondern auch in die Grundsätze der Fahrzeugführung und die Verantwortlichkeiten der am Verfahren beteiligten Parteien. Der nachfolgende Text wird diese Themen ausführlich beleuchten und dabei insbesondere ein kürzlich ergangenes Urteil analysieren, welches neue Maßstäbe in diesem Bereich setzen könnte. Tauchen Sie ein in die Welt der rechtlichen Bewertung von Geschwindigkeitsmessungen und entdecken Sie, wie aktuelle Gerichtsentscheidungen die Praxis auf unseren Straßen beeinflussen.
Schulungsnachweis bei Geschwindigkeitsmessungen: Ein Rechtsstreit im Fokus
Im Zentrum des aktuellen Falles steht die Frage, ob Auswerter von Geschwindigkeitsmessungen einen formellen Schulungsnachweis vorweisen müssen. Diese Frage wurde akut, als das Amtsgericht Tiergarten einen Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße verurteilte. Der Betroffene legte gegen das Urteil Rechtsbeschwerde ein, zentral war dabei der Anspruch auf Einsicht in den Schulungsnachweis der Auswertebeamtin.
Die Rolle des Amtsgerichts und die Verfahrensrügen
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Betroffenen ursprünglich zu einer Geldbuße von 160 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot. Der Betroffene, ein deutscher Staatsbürger und freiberuflicher Produktionsleiter, hatte die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung eingeräumt. Er fuhr mit 64 km/h in einer 30 km/h Zone. Interessant ist, dass der Betroffene bereits dreimal verkehrsordnungsrechtlich in Erscheinung getreten war, allerdings nach der Tatzeit. Das Gericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf das standardisierte Messverfahren mittels PoliScan FM1 und die korrekte Eichung des Geräts.
Rechtsbeschwerde und die Frage des Schulungsnachweises
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen fokussierte sich auf die Unzulässigkeit der Verfahrensrügen und vor allem auf die Frage, ob der Auswerter der Geschwindigkeitsmessung einen formalen Schulungsnachweis benötigt. Die Generalstaatsanwaltschaft erklärte in ihrer Stellungnahme, dass die Rechtsbeschwerde unbegründet sei. Das Kammergericht Berlin wies die Rechtsbeschwerde schließlich als offensichtlich unbegründet zurück. Es argumentierte, dass die Auswertenden das Messgerät nicht direkt bedienen und daher nicht als Bedienpersonal gelten, wodurch ein Schulungsnachweis nicht erforderlich sei.
Urteil des Kammergerichts Berlin: Eine richtungsweisende Entscheidung
Das Kammergericht Berlin bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts und stellte klar, dass ein Schulungsnachweis für die Auswertungsperson nicht erforderlich sei. Dies begründete das Gericht damit, dass die Auswerter das Messgerät nicht bedienen und keine Beweismittel schaffen oder verändern. Die Kompetenz und Zuverlässigkeit der mit der Auswertung betrauten Person unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung und benötigt keinen Formalnachweis. Das Gericht folgte nicht der Auffassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), dass das Auswertepersonal zum Bedienpersonal zählt. Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für das Verkehrsrecht und die Handhabung von Geschwindigkeitsmessungen.
In diesem Urteil spiegelt sich ein wichtiger Aspekt des Verkehrsrechts wider: Die genaue Abgrenzung der Verantwortlichkeiten bei der Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen und die Frage, wie formale Qualifikationen und Nachweise in diesem Kontext zu handhaben sind. Das Urteil des Kammergerichts Berlin trägt somit dazu bei, die Rechtssicherheit in diesem Bereich zu stärken und bietet einen klaren Leitfaden für zukünftige Fälle.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was ist ein Schulungsnachweis und wozu dient er im Kontext einer Geschwindigkeitsmessung?
Ein Schulungsnachweis ist ein Dokument, das bestätigt, dass eine Person eine bestimmte Schulung oder Ausbildung erfolgreich absolviert hat. Im Kontext einer Geschwindigkeitsmessung ist ein Schulungsnachweis relevant, da er die Qualifikation des Messbeamten bestätigt, das Messgerät korrekt zu bedienen und die Messergebnisse richtig zu interpretieren.
Die Geschwindigkeitsmessung ist ein standardisiertes Verfahren, das von geschulten Beamten durchgeführt wird. Diese Beamten müssen eine spezielle Schulung absolvieren, um die korrekte Bedienung der Messgeräte zu erlernen und die Messergebnisse korrekt zu interpretieren. Der Schulungsnachweis dient als Beleg für diese Qualifikation und ist daher ein wichtiger Bestandteil des Messprotokolls.
Die Bedeutung des Schulungsnachweises im Kontext der Geschwindigkeitsmessung liegt darin, dass er die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Messung gewährleistet. Ohne einen gültigen Schulungsnachweis könnte die Genauigkeit der Messung in Frage gestellt werden, was zu rechtlichen Komplikationen führen könnte. Daher ist der Schulungsnachweis ein wichtiges Dokument, das die Integrität des Messprozesses und die Glaubwürdigkeit der Messergebnisse sicherstellt.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 3 ORbs 170/23 – 162 Ss 85/23 – Beschluss vom 18.09.2023
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Mai 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe
Erläuternd bemerkt der Senat:
Die Generalstaatsanwaltschaft führt in ihrer dem Betroffenen bekannten Zuschrift zutreffend aus, dass die Verfahrensrügen unzulässig sind. Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zum „Antrag, den aktuellen Schulungsnachweis der Auswertebeamtin beizuziehen“, verfehlen die nach §§ 71 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bestehenden Anforderungen an die Darstellung des Verfahrensgeschehens.
Lediglich informatorisch ist zudem anzumerken, dass die Überlegung des Amtsgerichts, eines förmlichen Schulungsnachweises bedürfe es für die Auswertungsperson nicht, überzeugt. Nachvollziehbar argumentiert das Amtsgericht damit, der Auswerter bediene nicht das Messgerät und insbesondere schaffe oder verändere er keine Beweismittel (so auch OLG Celle, Beschluss vom 23. Januar 2019 – 3 Ss OWi 13/19 – [BeckRS 2019, 2551]; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 5. Aufl. § 5 Rn. 63 a.E.). Tatsächlich dürfte die Frage, ob die mit der Auswertung der Messdaten betraute Person ihre Aufgabe kompetent und zuverlässig erfüllt hat, der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegen und – im Grundsatz – auch ohne Formalnachweis an der Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren teilhaben können. Dies gilt erst recht, wenn dem Tatgericht die Auswertetätigkeit bei dem betroffenen Messverfahren als besonders wenig komplex bekannt ist oder wenn es die Auswerteperson als erfahren und/oder zuverlässig kennt.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
AG Tiergarten – Az.: (297 OWi) 3041 Js-OWi 2801/22 (367/22) – Urteil vom 23.05.2023
Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 (einhundertsechzig) Euro verurteilt.
Dem Betroffenen wird für die Dauer von 1 (einem) Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeglicher Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein des Betroffenen nach Rechtskraft dieses Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
§§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Zeichen 274 (30), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24, 25 StVG
Gründe
I.
Der Betroffene ist deutscher Staatsangehöriger, ledig und Vater von zwei Kindern, die bei ihren Müttern leben. Er ist freiberuflich als Produktionsleiter für Film und Fernsehen tätig, jedoch zur Zeit ohne Aufträge.
Ausweislich der in der Hauptverhandlung verlesenen Auskunft aus dem Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.04.2023 ist der Betroffene verkehrsordnungsrechtlich bisher drei Mal in Erscheinung getreten, die Entscheidungen erfolgten jedoch jeweils nach der hiesigen Tatzeit.
II.
Am 28.10.2021 gegen 10.47 Uhr befuhr der Betroffene mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … die Bundesallee in 10717 Berlin in Richtung Bundesplatz und überschritt dabei in Höhe Hausnummer 36-37 aufgrund Außerachtlassung der gebotenen und ihm zumutbaren Sorgfalt die durch Zeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um mindestens 31 km/h.
III.
1.
Die Betroffene hat die Fahrereigenschaft glaubhaft eingeräumt und sich nicht weiter eingelassen.
2.
Die Tatfeststellung erfolgte mittels eines mobilen Geschwindigkeitsmessgeräts des Typs PoliScan FM1, bei dem es sich um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der hierzu einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277) handelt (Beschluss des Kammergerichts vom 05.04.2020 – 3 Ws (B) 64/20 -, BeckRS 2020, 18283, m.w.N.).
a)
Die Bauartzulassung der Anlage durch die Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ist gerichtsbekannt. Das verwendete Messgerät ist ausweislich des verlesenen Eichscheins des Landesamtes für Mess- und Eichwesen Berlin-Brandenburg vom 11.03.2021 mit Gültigkeit bis Ende 2022 geeicht worden.
Der Messbedienstete, der Zeuge …, ist ausweislich der verlesenen Bescheinigung Bl. 36 unter anderem am Messgerät Poliscan FM1 vom 09.03.2020 bis zum 18.09.2020 ausgebildet worden.
Ausweislich des verlesenen Protokolls Bl. 30, 31 wurde die Messung gemäß der geltenden Gebrauchsanweisung durchgeführt und hierbei auch festgestellt, dass die Zeichen 274 gut erkennbar sind.
Ausweislich der in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 1 bis 3 der Akte, auf die wegen der Einzelheiten gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG verwiesen wird, wurde das Fahrzeug im Rahmen der Messung fotografiert. Auf dem Foto Bl. 2 ist deutlich der Betroffene als Fahrer zu erkennen.
Die verlesene oben eingespiegelte Datenleiste auf dem Messfoto Bl. 1 belegt zudem, dass der Betroffene am 28.10.2021 um 10.47 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 64 km/h gemessen wurde.
Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung haben sich nicht ergeben, hat insbesondere auch der vom Gericht auf Antrag des Verteidigers hinzugezogene Sachverständige Dipl.-Ing. … nicht feststellen können.
b)
Einer besonderen Schulung des Auswerters – wie vom Verteidiger gefordert – bedarf es nicht, weil diese weder vorgeschrieben noch erforderlich ist.
Die zur Tatzeit und gerichtsbekanntermaßen auch noch heute gültige, in der Hauptverhandlung erörterte Bedienungsanleitung des Messgeräts Poliscan FM1 in der Version 1.4.0 – 24.02.20 bestimmt auf Seite 15 Folgendes:
„Schulung des Bedienpersonals
Amtliche Messungen dürfen nur von entsprechend geschultem Bedienpersonal vorgenommen werden. Die Schulung muss durch kompetentes Personal (Hersteller oder Aus- und Fortbildungsstelle der Polizei) erfolgen und ist schriftlich zu bestätigen. Es ist zulässig, dass Hersteller oder Aus- und Fortbildungsstelle der Polizei Multiplikatoren autorisieren. Ernannten Multiplikatoren ist die Eignung zur Durchführung von Schulungen schriftlich zu bestätigen.“
Der Auswerter ist kein Bedienpersonal des Messgeräts, denn er bedient das Messgerät nicht.
Soweit die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) dazu mit Schreiben vom 28.11.2022 dem Sachverständigen … auf dessen Anfrage lapidar und ohne jede Begründung erklärt hat, „Der Begriff ‚Bedienpersonal‘ umfasst das Mess- und Auswertepersonal“, kann dem nicht gefolgt werden. Schon rein sprachlich gehört zum „Bedienpersonal“ nur derjenige, der das Messgerät bedient. Dies ist beim Auswerter ersichtlich nicht der Fall. Wie dem seit Jahren ausschließlich mit der Bearbeitung von Verkehrsstraf- und Bußgeldsachen befassten Gericht aus einer Vielzahl von Vernehmungen des in der Berliner Bußgeldstelle mit der Auswertung von Messungen befassten Herrn … bekannt und in der Hauptverhandlung erörtert worden ist, beschränkt sich die Tätigkeit des Auswerters darauf, im behördlichen Verfahren das in den Räumen der Bußgeldstelle auf einem Monitor angezeigte fertige Messergebnis (Messbild, Messdaten) dahin zu bewerten, ob auf dieser Grundlage ein Bußgeldverfahren durchgeführt werden soll oder nicht. Der Auswerter schafft oder verändert dabei keine Beweismittel. Darin liegt der grundsätzliche Unterschied zum Messbediensteten, der das Messgerät bedient und die Messstelle einrichtet, dadurch Einfluss auf das Messgeschehen nimmt und dementsprechend besonders geschult sein muss. Der Auswerter nimmt keinerlei Einfluss auf das Messergebnis, sondern nur auf die behördliche Entscheidung, ob ein Bußgeldverfahren durchgeführt wird oder nicht. Im gerichtlichen Verfahren übernimmt das Gericht diese Tätigkeit, indem es überprüft, ob auf der Grundlage des Messergebnisses eine Verurteilung erfolgt oder nicht. Der Auswerter gehört ebenso wenig wie der Richter zum „Bedienpersonal“ des Messgeräts. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb für den Auswerter ein Schulungsnachweis erforderlich sein soll (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.05.2022 – 2 RBs 71/22 -, BeckRS 2022, 10553 Rn. 32 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 23.01.2019 – 3 Ss (OWi) 13/19 -, BeckRS 2019, 2551; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2021, § 5 Rdn. 63 a.E.).
3.
Das Gericht hat nach alledem keinen Zweifel, dass der Betroffene wie festgestellt die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt. Obwohl hier die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h und damit um mehr als 100 % überschritten wurde und nach der Rechtsprechung des Kammergerichts bereits bei einer Überschreitung von 40 % regelmäßig vorsätzliche Tatbegehung naheliegt, ist das Gericht mangels näherer Feststellungen zu Anzahl und Aufstellort der vom Betroffenen vor der Messstelle passierten Zeichen 274 zu seinen Gunsten davon ausgegangen, dass er die Geschwindigkeitsüberschreitung nur aufgrund Außerachtlassung der gebotenen und ihm möglichen Sorgfalt und damit fahrlässig beging.
IV.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Betroffene einer Verkehrsordnungswidrigkeit der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (§§ 3 Abs. 3 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO) schuldig gemacht.
V.
Gemäß § 24 StVG war die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße zu ahnden. Der gemäß § 26a StVG erlassene bundeseinheitliche Bußgeldkatalog (BKat) in der am Tattag geltenden (alten) Fassung sah für die festgestellte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Nr. 11.3.6 eine Regelbuße von 160,00 Euro vor. Hierbei handelt es sich um einen Regelsatz, der von gewöhnlichen Tatumständen ausgeht (§ 1 Abs. 2 BKatV) und etwaige Eintragungen der Betroffenen im Fahreignungsregister nicht berücksichtigt (§ 3 Abs. 1 BKatV). Bußgeldmindernde Umstände hat das Gericht bei der Bemessung der Geldbuße nicht feststellen können. Demgegenüber liegen zwar drei Eintragungen im Fahreignungsregister vor, diese Entscheidungen erfolgten jedoch sämtlichst nach der hiesigen Tatzeit. Sie konnten deshalb zur hiesigen Tatzeit noch keine Warnwirkung auf den Betroffenen mit dem Appell zukünftig ordnungsgemäßen Verhaltens entfalten und sind ihm daher nicht bußgelderhöhend anzulasten.
Von näheren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen konnte abgesehen werden, weil die verhängte Geldbuße unter der bei 250,00 Euro anzusetzenden Geringfügigkeitsgrenze § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 OWiG liegt (vgl. KG VRS 126, 103 m.w.N.). Eine Entscheidung nach § 18 OWiG war aus denselben Gründen nicht veranlasst.
VI.
Neben der Geldbuße hat das Gericht gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von einem Monat verhängt, um ihn zu einer sorgfältigeren Beachtung der Regeln der Verkehrszeichen und Verkehrsregeln anzuhalten. Nach Nr. 11.3.6 des Bußgeldkataloges in der zur Tatzeit geltenden Fassung ist bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit des hier festgestellten Maßes im Regelfall ein solches Fahrverbot anzuordnen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKatV). Das Gericht ist sich dessen bewusst, dass die Warnfunktion des Fahrverbots im Einzelfall auch durch eine Erhöhung der Geldbuße erreicht werden kann. Hierfür sprach vorliegend jedoch nichts. Es sind keine Umstände erkennbar oder vorgetragen, die das Fahrverbot als außergewöhnliche Härte erscheinen lassen.
Die Bestimmung über die Wirksamkeit des Fahrverbots beruht auf § 25 Abs. 2a StVG.
VII.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.