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Fahrerlaubnisentziehung – Nichtvorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

VG Trier – Az.: 1 K 10622/17.TR – Urteil vom 27.02.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch den beklagten Landkreis.

Er war im Besitz einer durch den Beklagten erteilten Fahrerlaubnis der Klassen BE, C1E, CE, M und L. Am 4. Mai 2016 informierte die Polizeiinspektion … (nachfolgend: PI …) den Beklagten gemäß § 2 Abs. 12 Straßenverkehrsgesetz – StVG – über eine Polizeikontrolle, der der Kläger am 1. Mai 2016 gegen 16:30 Uhr auf dem Parkplatz … außerhalb der Ortslage von … unterzogen worden war. Hiernach sei der Kläger auf dem Parkplatz von einer dritten Person reglos in seinem Auto sitzend und nicht auf Ansprache reagierend aufgefunden worden. Im Rahmen der daraufhin veranlassten polizeilichen Kontrolle des Klägers sei eine erhebliche Alkoholisierung festgestellt worden. Eine Messung des Atemalkoholgehaltes mit einem Atemalkohol-Messgerät des Typs Dräger Alcotest 6510 habe nach automatischer Umrechnung des gemessenen mg/l-Werts in Promille eine Atemalkoholkonzentration (AAK) von 2,62%o ergeben. Aufgrund des hohen Werts und der zugleich dennoch feststellbaren „relativ guten Bewegungsmuster“ des Klägers bei der Kontrolle liege der Verdacht nahe, dass der Kläger regelmäßig Alkohol in hohen Mengen konsumiere. Es bestünden zwar keine Hinweise, dass der Kläger am Tag der Polizeikontrolle sein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum in alkoholisiertem Zustand geführt habe; zur Verhinderung einer nachfolgenden Nutzung des Fahrzeugs seien zudem Führerschein und Fahrzeugschlüssel sichergestellt worden. Der Kläger habe jedoch den Beamten zu verstehen gegeben, dass er – wie regelmäßig als Berufspendler – am nächsten Tag mit seinem Pkw zur Arbeit fahren wolle. Auf den Hinweis der Polizei, dass ausgehend von dem hohen Alkoholwert auch am folgenden Tag die Fahrtüchtigkeit noch nicht wiederhergestellt sei, habe sich der Kläger „unbeeindruckt“ gezeigt (vgl. Bl. 5 d. VA.). Es liege daher der Verdacht nahe, dass der Kläger regelmäßig Alkohol konsumiere und vor Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit sein Fahrzeug führe.

Laut eines ergänzenden Ermittlungsvermerks der PI … vom … habe sich am Tag der Polizeikontrolle im Auto des Klägers eine vollständig geleerte sowie eine noch komplett gefüllte Flasche Schnaps von jeweils 0,2 l Fassungsvermögen befunden. Es habe ermittelt werden können, dass sich der Kläger etwa eine Stunde vor der Kontrolle in der Innenstadt von … bei einem Imbiss eine Mahlzeit gekauft habe. Über eine etwaige Alkoholisierung des Klägers oder die Nutzung seines Kraftfahrzeugs durch diesen hätten die dortigen Angestellten keine Angaben machen können. Auch habe der Kläger keine Auskunft darüber erteilt, warum er sein Fahrzeug auf dem Parkplatz … abgestellt habe. Seine Wohnanschrift liege etwa … vom betreffenden Parkplatz entfernt (vgl. Bl. 45 d. VA.).

Aufgrund der polizeilichen Mitteilung vom 4. Mai 2016 äußerte der Beklagte Bedenken an der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen und forderte ihn mit Schreiben vom 31. Mai 2016 zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens mit folgender Fragestellung auf:

„Kann Herr … trotz der Hinweise auf Alkoholmissbrauch im Sinne der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 und 2 sicher führen? Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass er ein Kraftfahrzeug unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss führen wird?“ (vgl. Bl. 8-10 d. VA.)

Nach Eingang der Zustimmungserklärung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung veranlasste der Beklagte ein entsprechendes Gutachten und übersandte die Fahrerlaubnisakte an die vom Kläger gewünschte Begutachtungsstelle. Das von dieser erstellte Gutachten legte der Kläger dem Beklagten in der Folgezeit jedoch nicht vor.

Stattdessen teilte der Kläger am 20. Januar 2017 dem Beklagten mit, dass er „aus grundsätzlichen Erwägungen“ kein medizinisch-psychologisches Gutachten vorweisen werde. Die Anordnung einer Begutachtung sei rechtswidrig gewesen. Es gebe keine Hinweise auf Alkoholmissbrauch. Die polizeilichen Feststellungen seien lückenhaft und widersprüchlich. Es sei nicht erklärbar, wie eine Person, die reglos im Auto sitzend vorgefunden werde, noch „relativ gute Bewegungsmuster“ gehabt haben solle. Zudem sei der Atemalkoholgehalt lediglich mit einem sogenannten Vortestgerät gemessen worden. Dieses sei nicht geeicht und erbringe keine zuverlässigen oder gerichtlich verwertbaren Ergebnisse.

Daraufhin entzog der Beklagte dem Kläger mit angefochtenem Bescheid vom … 2017 die Fahrerlaubnis für Fahrzeuge aller Klassen (Nr. 1), forderte ihn zur Abgabe des Führerscheines innerhalb von drei Werktagen auf (Nr. 2), ordnete die sofortige Vollziehung der vorgenannten Verfügungen an (Nr. 3), drohte für den Fall der Nichtablieferung des Führerscheins dessen zwangsweise Einziehung im Wege der Verwaltungsvollstreckung an (Nr. 4) und setzte eine Verwaltungsgebühr nebst Auslagen in Höhe von insgesamt 153,08 € fest (5.). Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass wegen des Vorfalles am 1. Mai 2016 Bedenken hinsichtlich der Fahreignung des Klägers bestünden. Nach der verweigerten Vorlage des angeforderten Gutachtens könne auf die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr geschlossen werden. Als Folge hiervon sei die Entziehung der Fahrerlaubnis verpflichtend.

Am … 2017 lieferte der Kläger seinen Führerschein bei dem Beklagten ab und legte zugleich Widerspruch gegen den Bescheid vom … 2017 ein. Zur Begründung trug er vor, bei der Messung der Atemalkoholkonzentration sei unzulässig ein nicht geeichtes Messgerät verwendet worden. Zwar seien nach der im Jahr 2015 neu in Kraft getretenen Mess- und Eichverordnung Messgeräte zur Bestimmung des Atemalkoholgehaltes, die ausschließlich zu Vortestzwecken verwendet werden, vom Anwendungsbereich des Mess- und Eichgesetzes ausgenommen. Allerdings sei die Verwendung eines Vortestgerätes lediglich zur Verdachtserregung zulässig, da deren Messabweichung zum forensischen Wert höher als 5 % liege. Für eine Beweisführung im amtlichen Verfahren sei das betreffende Alkoholmessgerät Dräger Alcotest 6510 nicht zugelassen. Dementsprechend habe es nach Verdachtserregung zusätzlich einer Verifikation der Messung mittels eines geeichten Gerätes bedurft. Die unzuverlässig erlangten Werte des Vortestgeräts dürften demgegenüber nicht zu seinem – des Klägers – Nachteil für die Anordnung behördlicher Maßnahmen, wie die Anforderung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, verwendet werden. Hinsichtlich der mit dem Vortestgerät ermittelten Alkoholkonzentration bestehe ein Beweisverwertungsverbot gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 MessEG. Aufgrund der Widerrechtlichkeit der Kontrolle und der Unverwertbarkeit der Messergebnisse sei kein Anfangsverdacht eines Alkoholmissbrauches ernsthaft begründet worden. Daher habe auch keine Verpflichtung zur Vorlage des Gutachtens bestanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom … 2017, zugestellt am … 2017, wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens sei rechtmäßig. Insbesondere sei die Aufforderung zur Beibringung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 13 Nr. 2 lit. a) Alt. 2 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – in rechtlich zulässiger Weise erfolgt. Die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründenden Tatsachen müssten nicht in direktem Zusammenhang mit einer Teilnahme am Straßenverkehr stehen. Für die Gutachtensanforderung genüge es, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Betroffene zwischen einem schädlichen Alkoholkonsum und einer Teilnahme am Straßenverkehr nicht hinreichend sicher trennen könne. Der Kläger sei bei dem Vorfall am 1. Mai 2016 unter Zugrundelegung der Messung des Atemalkohols von 2,62%o erheblich alkoholisiert gewesen. Soweit er die Genauigkeit der Messung in Zweifel ziehe, dringe er damit nicht durch. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung komme es – anders als etwa im Falle des § 24a StVG, in dem das Erreichen eines exakt vorgegebenen Grenzwertes nachgewiesen werden müsse – für die Gewinnung von Anhaltspunkten für eine fehlende Fahreignung nur darauf an, ob sich der ermittelte Atem- bzw. Blutalkoholwert innerhalb einer Größenordnung bewege, die zusammen mit weiteren Tatsachen den Verdacht von Alkoholmissbrauch begründeten. Dies sei im Fall des Klägers zu bejahen. Die sehr hohe Alkoholisierung des Klägers in Verbindung mit seinem uneinsichtigen Verhalten belege dies. Der Kläger habe trotz Hinweis der Polizeibeamten auf seine dann fortbestehende Fahruntüchtigkeit am Folgetag selbst zur Arbeit fahren wollen. Zudem sei von einer hohen Giftfestigkeit des Klägers auszugehen, da dieser – trotz eines ermittelten Atemalkoholwerts von 2,62%o – noch sicher in seinen Bewegungen gewesen sei.

Hiergegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 23. August 2017 die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags aus dem Widerspruchsverfahren vor, die durch den Kreisrechtsausschuss zitierte Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da Gegenstand der dortigen Entscheidung kein nicht geeichtes Vortestgerät gewesen sei. Im Übrigen hätten dem Beklagten bereits im Verwaltungsverfahren vor Abfassung des Widerspruchbescheids zwei Untersuchungsergebnisse des Instituts … zu Haaranalysen des Klägers vom … und … vorgelegen. In beiden Fällen sei festgestellt worden, dass in den Haarproben kein Ethylglucuronid oberhalb des Cut-off-Wertes in Höhe von 0,0007 ng/mg nachgewiesen werden konnte. Daher könne der Befund als Bestätigung einer Alkoholabstinenz entsprechend den „Beurteilungskriterien für die Fahreignungsbegutachtung“ gewertet werden.

Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom … 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheids des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom … 2017 hinsichtlich der Ziffern 1,2 und 5 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Darüber hinaus trägt er vor, die Argumentation des Klägervertreters sei nicht zutreffend. Es sei zwar richtig, dass nach den Bestimmungen des MessEG in Verbindung mit den Regelungen der MessEV grundsätzlich im amtlichen Verkehr nur geeichte Alkoholmessgeräte verwendet werden dürften. Hinsichtlich der zu Vortestzwecken genutzten Geräte sei jedoch eine Ausnahme von der Eichung vorgesehen, von der man im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht habe. Das hier verwendete Messgerät erreiche nach der Produktbeschreibung eine Gesamtübereinstimmung mit der Blutanalyse von 95%. Es bestehe somit kein Anlass, die gemessenen Werte grundlegend in Zweifel zu ziehen. Der Beklagte sei auf der Basis der mit Hilfe des Vortestgeräts festgestellten Werte in Verbindung mit den Gesamtumständen des Falls berechtigt gewesen, den Kläger zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens aufzufordern. Die nunmehr im gerichtlichen Verfahren neu eingeführten Ergebnisse der Haaranalysen hätten der Fahrerlaubnisbehörde nicht vorgelegen. Sie seien durch den Kläger selbst veranlasst worden. Es habe dem Kläger oblegen, die Ergebnisse rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Die Haaranalysen seien auch im Widerspruchsverfahren nicht thematisiert worden. Zudem belegten sie lediglich eine Alkoholabstinenz zwischen … 2017 und … 2017 und somit erst für einen nach der angefochtenen Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde liegenden Zeitraum. Im Übrigen werde nach der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV im Falle des Alkoholmissbrauchs vorausgesetzt, dass der Betroffene zur Wiedergewinnung der Fahreignung neben einer Entwöhnungsbehandlung in der Regel eine Alkoholabstinenz über einen Zeitraum von einem Jahr nachweise. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie den durch die Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungsakten des Beklagten. Die genannten Unterlagen lagen jeweils vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

I.

Der angefochtene Bescheid vom … 2017 – soweit er aufgrund des Klageantrags der gerichtlichen Überprüfung unterliegt – und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom … 2017 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).

1. Die in Ziffer 1 des Bescheids ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -.

a) Hiernach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn ein Mangel nach der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV – Anlage 4 FeV – vorliegt. In der Anlage 4 FeV hat der Verordnungsgeber eine Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verhaltensweisen und Erkrankungen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorgenommen, indem er die auf wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen und bereits im Gutachten „Krankheit und Kraftverkehr“ zusammengefassten Erkenntnisse in die FeV integriert und damit normativ als für den Regelfall zutreffend gekennzeichnet hat (stRspr., vgl. nur VG Trier, Beschluss vom 31. März 2015 – 1 L 669/15.TR -, juris Rn. 5). Auskunft über die aus diesen Gründen fehlende Eignung eines Kraftfahrers zu geben ist – außerhalb der zur Überzeugung der Behörde feststehenden Nichteignung (§ 11 Abs. 7 FeV) – unter anderem Aufgabe medizinisch-psychologischer Gutachten. Ein solches hat der Kläger nach der durch den Beklagten ergangenen Begutachtungsanordnung vom … 2016 nicht vorgelegt.

b) Nach § 11 Abs. 8 FeV darf bei unterbliebener Vorlage eines von dem Betroffenen zu Recht geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf dessen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig war und die nicht fristgemäße Vorlage des Gutachtens ohne ausreichenden Grund erfolgte (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 – 3 C 13.01 – juris; BayVGH, Beschluss vom 30. Mai 2017 – 11 CS 17.274 – juris Rn. 16). Dies zugrunde gelegt, begegnet die maßgebliche Begutachtungsanordnung vom … 2016 keinen rechtlichen Bedenken.

aa) Die Begutachtungsanordnung war formell rechtmäßig. Die Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV und § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV wurden eingehalten.

Der Beklagte hat die durch das Gutachten zu beantwortende Frage nach der Kraftfahreignung des Klägers unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls – hier: Feststellung einer ungewöhnlich hohen Alkoholkonzentration und Anzeichen für fehlendes Trennungsvermögen – festgelegt, § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV. Zudem genügt die Begutachtungsanordnung den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 FeV, wonach der Betroffene in zureichender Weise über die Gründe für die aufgetretenen Fahreignungszweifel zu unterrichten ist. Insoweit muss die Begutachtungsanordnung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Für den Betroffenen muss ausgehend von der für die jeweilige Fallgestaltung in Betracht kommenden Ermächtigungsnorm in der Fahrerlaubnis-Verordnung erkennbar sein, was der Anlass für die angeordnete Untersuchung ist und ob die in ihr verlautbarten Gründe die behördlichen Bedenken an der Kraftfahreignung zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 – 3 C 13.01 -, juris Rn. 24 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2013 – 16 E 1257/12 -, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 10 S 2785/10 -, juris Rn. 4 ff.). Diese Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt. Aus der Zusammenschau des zugrundeliegenden Sachverhalts, der Benennung der maßgeblichen Rechtsgrundlage und der durch das Gutachten zu beantwortenden Fragestellung, mit der der Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er Zweifel an der Kraftfahreignung des Klägers im Hinblick auf einen möglichen Alkoholmissbrauch (§ 13 Nr. 2 lit. a) FeV) hat, wurde der konkrete Anlass für die Begutachtungsanordnung in ausreichendem Maße deutlich gemacht.

Auf die Kostentragungspflicht für die Gutachtenerstellung wurde der Kläger gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 FeV hingewiesen (vgl. Bl. 23 d. VA.). Die in der Anordnung festgelegte Frist von zwei Monaten ist knapp bemessen, begegnet aber im Ergebnis keinen Bedenken, zumal sie durch Schreiben des Beklagten an den Bevollmächtigten des Klägers vom 10. August 2016 (vgl. Bl. 24-25 d. VA.) konkludent verlängert wurde und ein weiteres Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde erst nach weiteren fünf Monaten – also im Ergebnis mehr als sieben Monate nach der Aufforderung – erfolgte (vgl. Bl. 27 d. VA.). Schließlich hat der Beklagte den Kläger auch bereits mit der Anordnung der Begutachtung sowie im letzten Erinnerungsschreiben vom 10. Januar 2017 auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV für den Fall der Nichtvorlage des Gutachtens innerhalb der bestimmten Frist hingewiesen (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV, vgl. hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Oktober 2016 – 10 B 10740/16.OVG -, juris).

bb) Die Begutachtungsanordnung war – entgegen der Annahme des Klägers – auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 lit. a) FeV lagen vor.

Nach § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 13 Nr. 2 lit. a) FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Entziehung einer Fahrerlaubnis die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn Tatsachen bekannt geworden sind, die die Annahme eines Alkoholmissbrauchs begründen. Alkoholmissbrauch im vorgenannten Zusammenhang liegt nach Nr. 8.1. der Anlage 4 FeV und der Definition des Alkoholmissbrauchs in den „Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung“ (vgl. Gräcmann/Albrecht [Hrsg.], Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Stand: 14.08.2017, S. 78, verfügbar unter: https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Verkehrssicherheit/Fachthemen/BLL/Begutachtungsleitlinien-2017.pdf?__blob=publicationFile&v=12, letzter Aufruf: 13. März 2018) vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht sicher getrennt werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 – 3 C 6.12 – , juris Rn. 17; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. März 2018 – 10 B 10060/17.OVG -, juris Rn. 8 a.E.).

Derartige Tatsachen, welche auf einen so umschriebenen Alkoholmissbrauch hinweisen (können), ergeben sich zwar regelmäßig aus einem Verhalten im direkten Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen. Tatsachen im Sinne des § 13 Nr. 2 lit. a) FeV können sich in Einzelfällen auch aus einem Verhalten eines Betroffenen ohne unmittelbare Verkehrsberührung ergeben. Insbesondere ist nicht zwingend erforderlich, dass der Fahrerlaubnisinhaber im alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat. Umgekehrt reicht „nur“ ein erheblicher Alkoholkonsum oder eine massive Alkoholgewöhnung alleine nicht aus, um auf einen Alkoholmissbrauch im Sinne von Nr. 8.1. der Anlage 4 FeV schließen und weitere fahrerlaubnisbehördliche Ermittlungsmaßnahmen zulässigerweise einzuleiten (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 – 3 C 6.12 -, juris Rn. 17). So liegen etwa keine ausreichenden Tatsachen für die Annahme eines Alkoholmissbrauchs in der Person des Fahrerlaubnisinhabers vor, wenn eine zwar massiv an Alkohol gewöhnte Person jedoch noch nie im Straßenverkehr aufgefallen ist und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie in Zukunft vor der Wiedererlangung der Fahrsicherheit am Straßenverkehr teilnehmen wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Juni 2007 – 10 A 10062/07.OVG -, juris).

Gefordert ist insoweit jedenfalls ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer [Hrsg.], Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2016, § 13 FeV Rn. 21) dergestalt, dass über die Alkoholgewöhnung hinausgehend tatsächliche Umstände vorliegen, die in der Gesamtschau mit der vermuteten Alkoholproblematik bei realistischer Betrachtung die Annahme rechtfertigen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. Siegmund, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage 2016 [Stand: 28. Februar 2018], § 13 Rn. 49, m.w.N.). Ein derartiger mittelbarer Zusammenhang kann nach der Rechtsprechung etwa angenommen werden bei einer Person mit häufig wiederkehrendem Konsum großer Mengen Alkohol, die beruflich auf das regelmäßige Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr angewiesen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. September 2006 – 10 B 10734/06.OVG -, juris). Bei diesen Personengruppen ist naturgemäß die Wahrscheinlichkeit der alkoholisierten Straßenverkehrsteilnahme höher, weil sie sich gleichsam in einem Dauerkonflikt befinden zwischen der Neigung, häufig und in großen Mengen Alkohol zu konsumieren, und der Verpflichtung, den Beruf in fahrtüchtigem Zustand auszuüben bzw. zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen (vgl. Siegmund, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage 2016 [Stand: 28. Februar 2018], § 13 Rn. 51, m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. September 2006 – 10 B 10734/06.OVG -, juris Rn. 8-9)

Dies zugrunde gelegt, hat der Beklagte den Kläger zu Recht gemäß § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 13 Nr. 2 lit. a) FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert. Die Mitteilung der PI … über die Polizeikontrolle am 1. Mai 2016 enthielt über Anhaltspunkte für eine erhebliche Alkoholgewöhnung des Klägers (nachfolgend 1.) hinaus auch die erforderlichen Anzeichen dafür, dass der Kläger auf die regelmäßige Teilnahme am Straßenverkehr angewiesen ist, noch vor Wiedererlangung seiner Fahrtüchtigkeit ein Kraftfahrzeug zu führen beabsichtigt und insoweit nicht in dem erforderlichen Maß zwischen Alkoholgenuss und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen vermag (nachfolgend 2.).

(1) Der bei der Polizeikontrolle am 1. Mai 2016 festgestellte Atemalkoholwert von 2,62%o weist selbst unter Berücksichtigung eines vorzunehmenden Sicherheitsabschlags auf eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Klägers hin. Der durch die PI … ermittelte Wert durfte weiteren fahrerlaubnisrechtlichen (Ermittlungs-)Maßnahmen des Beklagten zugrunde gelegt werden, obwohl die Messung unter Verwendung eines nicht geeichten Vortestgeräts erfolgt ist.

(a) Es liegt – entgegen der Auffassung des Klägers – bereits keine gesetzeswidrige Bestimmung oder Verwendung der Messwerte vor. Das Gesetz über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt, ihre Verwendung und Eichung sowie über Fertigpackungen (Mess- und Eichgesetz – MessEG -) einschließlich des durch den Kläger für sich in Anspruch genommenen Verwertungsverbots in § 33 Abs. 1 Satz 1 MessEG ist auf das am 1. Mai 2016 durch die Polizeibeamten der PI … zur Atemalkoholkontrolle des Klägers verwendete Messgerät vom Typ Dräger Alcotest 6510 im Rahmen dieser konkreten Nutzungsform nicht anzuwenden. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz sowie aus der hierauf fußenden Verordnung über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt sowie über ihre Verwendung und Eichung (Mess- und Eichverordnung – MessEV -).

Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 MessEG dürfen grundsätzlich Messgrößen im geschäftlichen und amtlichen Verkehr oder bei Messungen im öffentlichen Interesse nur dann angegeben und verwendet werden, wenn zu ihrer Bestimmung ein Messgerät bestimmungsgemäß verwendet wurde und die Werte auf das jeweilige Messergebnis zurückzuführen sind. Die auf das Messergebnis vom 1. Mai 2016 gestützte Anordnung des Beklagten vom … 2016 zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens stellt dabei eine „Verwendung von Messwerten“ im Sinne des Gesetzes dar (vgl. § 3 Nr. 23 MessEG).

§ 33 Abs. 1 Satz 1 MessEG steht jedoch unter einem doppelten Vorbehalt. Erstens findet die Vorschrift selbst nur Anwendung, soweit in „der Rechtsverordnung nach § 41 Nr. 2 MessEG“ nichts anderes bestimmt ist. Zweitens findet der gesamte Unterabschnitt des Gesetzes keine Anwendung, soweit in „der Rechtsverordnung nach § 41 Nr. 5 MessEG“ Ausnahmen für einzelne Verwendungen bestimmt sind (§ 36 Satz 1 MessEG). Eine derartige Ausnahme findet sich in § 5 Abs. 2 Nr. 3 MessEV. Hiernach sind im amtlichen Verkehr das MessEG und die MessEV nicht anzuwenden auf Messgeräte zur Bestimmung des Atemalkoholgehalts, sofern sie ausschließlich zu Vortestzwecken verwendet werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ausnahme sind vorliegend erfüllt. Das eingesetzte Vortestgerät diente allein zur Begründung und Erhärtung vorgelagerter Verdachtsmomente, an welche sich – naturgemäß – weitere Gefahrerforschungsmaßnahmen anschließen sollten. Während die aus dem Atemalkoholtest gewonnen Ergebnisse lediglich einen ersten Anhaltspunkt für einen möglichen Gefahrenverdacht lieferten, stellte erst die daran anknüpfende – auf § 13 Nr. 2 lit. a) FeV gestützte – Aufforderung des Klägers zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens den eigentlichen Gefahrerforschungseingriff dar, welcher der Ermittlung eines Gefahrenverdachts hinsichtlich eines möglichen Alkoholmissbrauchs des Klägers diente.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands in § 5 Abs. 2 Nr. 3 MessEV wurden im konkreten Fall entgegen der Annahme des Klägers nicht überschritten, indem die im Wege der Vortestung ermittelten Messwerte im Anschluss einer weiteren (amtlichen) Verwendung unterlagen und Grundlage für die Anordnung der Beklagten zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wurden. Bereits durch die Verwendung der Formulierung „Vortestzweck“ im Ausnahmetatbestand stellt der Verordnungsgeber klar, dass sich an die auf dieser Grundlage erfolgte Messung typischerweise weitere Ermittlungs- oder Gefahrerforschungsmaßnahmen anschließen, da es sich anderenfalls gerade nicht um einen Vortest handeln würde.

Wie diese Folgemaßnahmen ausgestaltet sind, ist durch den Verordnungsgeber nicht näher bestimmt und hängt von den durch die spezialgesetzlichen Ermächtigungsnormen ausgestalteten und unter Berücksichtigung der Grundrechte und des Gebots der Verhältnismäßigkeit durch die amtlichen Stellen auszufüllenden rechtlichen Rahmenbedingungen ab. So schließt sich im Rahmen eines repressiven Tätigwerdens der Polizei zur Ermittlung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten an die Vortestung des Atemalkohols typischerweise die Blutalkoholermittlung auf Grundlage von § 81a Abs. 1 Strafprozessordnung – StPO – an, die der punktgenauen und gerichtsverwertbaren Feststellung der Fahruntüchtigkeit im Tatzeitpunkt dient. Diese amtliche Folgemaßnahme, die Grundlage eines Schuldspruchs zu sein hat, erfolgt dabei unter Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährte Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – GG -; Art. 3 Abs. 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LVerf RP -), mit anderen Worten: Der Verordnungsgeber selbst sieht die unter Verwendung nicht geeichter Vortestgeräte gewonnenen Messdaten im Regelfall sogar als ausreichend an, um amtliche Folgemaßnahmen einzuleiten, die in grundlegende verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Betroffenen eingreifen.

Einen derartigen (körperlichen) Eingriff beinhaltet die von der Beklagten im Rahmen der präventiven Gefahrenabwehr ergriffene amtliche Maßnahme nicht, wenn auch durch die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) beeinträchtigt werden kann. Die abweichende Ausgestaltung der sich an die Vortestung anschließenden Ermittlungsmaßnahme – hier der Fahrerlaubnisbehörde – liegt dabei in der vom Straf- oder Ordnungswidrigkeitsrecht abweichenden Zielrichtung des Gefahrenabwehrrechts begründet, das nicht die Ahndung eines in der Vergangenheit liegenden Fehlverhaltens, sondern den vorbeugenden Schutz vor einer Vielzahl von Rechtsgutsgefährdungen oder -verletzungen in der Zukunft zur Aufgabe hat. Hierzu ist es – anders als im Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht – von Rechts wegen nicht erforderlich, die Höhe der Atemalkoholkonzentration zahlenmäßig exakt zu ermitteln. Vielmehr kommt es zur Bewertung der Gefahrenlage entscheidungserheblich nur darauf an, ob eine Person Alkohol in einer gewissen – sei es auch nur der Spanne nach bestimmbaren – Größenordnung konsumiert hatte. Hieraus können auch dann die gebotenen Rückschlüsse gezogen werden, wenn die Messung lediglich mit einem nur zu Vortestzwecken geeichten Gerät und nicht unter forensischen Bedingungen erfolgt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. September 2015 – 10 S 1667/15 – juris Rn. 12).

Die durch den Klägerbevollmächtigten geforderte Kontrolle des mit dem Vortestgerät ermittelten Messergebnisses durch eine Blutalkoholkontrolle wäre – mangels Ermächtigungsgrundlage im konkreten Einzelfall und wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – rechtswidrig, da sie der Ermittlung von Informationen dienen würde, die für die weitere Gefahrenabwehr schlicht nicht erforderlich sind. Entscheidungsrelevant ist in diesem Zusammenhang nämlich gerade nicht die punktgenaue Bestimmung des Alkoholspiegels zum Kontrollzeitpunkt, sondern die Beantwortung der Fragen, ob es sich erstens bei der alkoholbedingten Auffälligkeit um ein Einzelereignis oder um ein systematisch vorhandenes Problem des Betroffenen handelt und ob zweitens ein ausreichendes Trennungsvermögen zur Teilnahme am Straßenverkehr vorhanden ist. Diesem Zweck dient die medizinisch-psychologische Begutachtung, die der Beklagte im Ergebnis rechtlich zulässig angeordnet hat.

(b) Auch eine Übertragung bestehender Beweisverwertungsverbote aus dem Strafprozess bzw. dem Recht der Ordnungswidrigkeiten auf das Gefahrenabwehr recht ist nicht angezeigt. Es entspricht zwar einhelliger Rechtsprechung, dass die fehlende Eichung oder Bauartzulassung eines Messgeräts grundsätzlich zur Unverwertbarkeit der Messung im Strafverfahren bzw. auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ausgelegten Bußgeldverfahren führt und dementsprechend nicht durch Sicherheitsabschläge kompensiert werden kann (vgl. König, in: Hentschel/König/Dauer [Hrsg.], Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2016, § 24a StVG Rn. 17, m.w.N.). Dieses Beweisverwertungsverbot ist allerdings ebenfalls aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung beider Rechtsmaterien auf das hier einschlägige Fahrerlaubnisrecht nicht übertragbar. Dies gilt auch, soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung wiederholt darauf hingewiesen hat, dass keine ausdrückliche Weigerung des Klägers zu einer freiwilligen Blutprobe protokolliert sei und der Kläger möglicherweise am Kontrolltag in eine Blutalkoholkontrolle eingewilligt hätte, wenn er hiernach gefragt worden wäre.

Das im repressiv angelegten Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren angenommene Beweisverwertungsverbot beruht – wie bereits ausgeführt – darauf, dass es dort auf den jeweiligen Schuldnachweis ankommt, d.h. dem Betroffenen im Bereich der Verkehrsdelikte im Zusammenhang mit einem Alkoholkonsum das Erreichen konkret festgelegter Blut- bzw. Atemalkoholkonzentrationen nachgewiesen werden muss (vgl. zur verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schuldgrundsatzes: BVerfG, Urteil vom 13. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 -, juris Rn. 55, m.w.N.). Gelingt dieser Nachweis nicht, ist im Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht von der Unschuldsvermutung auszugehen. Entsprechend dem Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare muss der Betroffene nicht an der Feststellung seiner Schuld mitwirken und ist darüber zu belehren, dass ihm in Bezug auf ihn selbst belastende Angaben ein Schweigerecht zusteht (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Umgekehrt sehen das Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht zur Gewinnung des Schuldnachweises sehr weitgehende Eingriffskompetenzen der staatlichen Behörden vor, etwa die Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen auf Grundlage einer richterlichen Anordnung (§ 81a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO). Zum Schutz der Rechtsposition des Betroffenen vor einer Verwertung rechtswidrig erhobener Beweise zu seinem Nachteil, können diese – aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (vgl. etwa § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO) oder nach Abwägung zwischen dem Strafverfolgungsinteresse und den Belangen des Betroffenen – einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Systematisch anders gelagert ist das Fahrerlaubnisrecht als Teil des Gefahrenabwehrrechtes, welches präventiv ansetzt und die Gewährleitung der Sicherheit des Straßenverkehrs und der anderen Verkehrsteilnehmer mit Wirkung für die Zukunft zum Ziel hat. Der strenge Maßstab der im straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ermittlungsverfahren geltenden Formalisierung der Informationsgewinnung hat im Gefahrenabwehrrecht allenfalls eingeschränkte Gültigkeit. Anders als der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren, von dessen Unschuld bis zum Beweis des Gegenteils ausgegangen werden muss, hat der Betroffene im Fahrerlaubnisrecht bei Zweifeln an seiner Fahreignung in seinem eigenen Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken; insoweit trifft ihn im Gefahrenabwehrrecht eine Obliegenheit, an der Ermittlung solcher Umstände mitzuwirken, die sich für den Fortbestand seiner Fahrerlaubnis nachteilig auswirken können (vgl. § 11 Abs. 6 FeV). Schließlich darf nach der ständigen Rechtsprechung sogar ein von der Fahrerlaubnisbehörde unberechtigterweise angeordnetes Gutachten über die Fahreignung berücksichtigt werden, wenn es dennoch erstellt worden ist und ein eindeutig negatives Ergebnis ausweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 – 3 C 2.10 -, juris Rn. 19, stRspr.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 9. Januar 2018 – 4 MB 129/17 -, juris Rn. 6). Es entspricht daher der Rechtslage und verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 77 LVerf RP), wenn im Bereich des strafprozessualen Verfahrens vorgesehene Beweisverwertungsverbote nicht deckungsgleich auf den Bereich des Gefahrenabwehrrechts übertragen werden (vgl. hierzu auch Rebler, Die Bedeutung des § 81a StPO im Fahrerlaubnisrecht, JA 2017, 59).

Hieran vermag auch der Einwand des Klägerbevollmächtigten nichts zu ändern, dass der Polizeibericht der PI … vom 1. Mai 2016 keine ausdrückliche Weigerung des Klägers zu einer Blutprobe erwähne und insoweit auch denkbar gewesen wäre, dass dieser in die exaktere Ermittlung des Alkoholwerts auf diesem Wege eingewilligt hätte. Für eine derartige Maßnahme hätte schon keine Ermächtigungsgrundlage bestanden. Ein Anfangsverdacht der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 Strafgesetzbuch – StGB -) oder einer diesem Tatbestand nachrangigen Ordnungswidrigkeit (vgl. etwa § 24a Abs. 1 StVG) bestand nach den Ermittlungen der Polizeibeamten vor Ort nicht, da keine Anhaltspunkte für eine vorherige Inbetriebnahme des Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss vorhanden waren. Dementsprechend schied auch eine Ermittlungsmaßnahme auf Grundlage von § 81a Abs. 1 StPO aus. Die Gefahr einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch eine sich an die Kontrolle anschließende Nutzung des Fahrzeugs war durch die Sicherstellung der Fahrzeugschlüssel beseitigt, so dass es weiterer Maßnahmen zur Abwehr einer konkreten Gefahr durch den Kläger am 1. Mai 2016 nicht mehr bedurfte. Für die Bewertung einer abstrakten Gefahr in Gestalt zukünftiger Teilnahmen des Klägers am Straßenverkehr im fahruntüchtigen Zustand wäre eine Blutprobe – wie bereits erwähnt – keine erforderliche Maßnahme gewesen, da sie keine Auskunft über die Wiederholungsgefahr oder das individuelle Trennungsvermögen zwischen erheblichem Alkoholgenuss und Teilnahme am Straßenverkehr hätte geben können.

(c) Schließlich vermag die Kammer auch – anders als der Klägerbevollmächtigte – keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der durch die Beamten der PI … unter Verwendung des nicht geeichten Vortestgeräts ermittelte Atemalkoholwert aufgrund einer systemischen Unzuverlässigkeit dieser Messgeräte keine Grundlage für weitere Maßnahmen darzustellen vermochte.

Die Messung der Atemalkoholkonzentration durch das Atemalkoholmessgerät Dräger Alcotest 6510 stellt nicht ein schlechthin ungeeignetes Mittel zur Feststellung einer etwaigen Fahruntüchtigkeit dar. Dieses Gerät wird seit vielen Jahren in der polizeilichen Praxis eingesetzt. Zwar ist dem Gericht bekannt, dass die Zuverlässigkeit von Atemalkoholproben wissenschaftlich diskutiert ist. Dies ist auch der Grund dafür, dass diese Geräte im Bereich der repressiven Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zur verbindlichen Feststellung einer in einem Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitstatbestand konkret festgelegten Blutalkoholkonzentration keine Verwendung finden.

Allerdings geht die Kammer davon aus, dass Atemalkoholmessungen, die mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Geräten vorgenommen werden, jedenfalls für den präventiven Bereich des Fahrerlaubnisrechts hinreichend zuverlässige Werte liefern. Bereits vor mehr als 25 Jahren durchgeführte Feldversuche, die unter Verwendung der damals verfügbaren Geräte kombiniert in Münster, Karlsruhe und Bremen unter forensischen Bedingungen vorgenommen wurden, ergaben nur in sechs von 131 Fällen bei einer Atemalkoholmessung Abweichungen von mehr als plus/minus 0,25%o. Eine damals im Auftrag des österreichischen Innenministeriums durchgeführte Feldstudie kam gleichzeitig zu dem Ergebnis, dass 89,2% der Atemalkohol-Kontrollergebnisse innerhalb eines Bereiches von plus/minus 15% bezogen auf die tatsächliche Blutalkoholkonzentration gelegen hätten. Zu einem etwa gleichen Ergebnis gelangte auch eine Untersuchung aus der Universität Heidelberg, in der die Atemalkoholkonzentrations-Ergebnisse in 91,1% eine Abweichung von maximal plus/minus 15% gegenüber den zugehörigen Blutalkoholkonzentrationswerten zeigten (vgl. Wilske/Eisenmenger, Die Atemalkoholprobe: Möglichkeiten und Grenzen, DAR 1992, 41; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Juli 1996 – 10 S 1332/96 -, juris). Durch die technischen Fortentwicklungen des vergangenen Vierteljahrhunderts dürften diese Werte weiter verbessert worden sein. Etwaig verbleibenden Unschärfen der (ausschließlichen) Atemalkoholbestimmung durch nicht geeichte Vortestgeräte kann für den Falle der Gefahrenabwehr daher dadurch in ausreichendem Maße dadurch Rechnung getragen werden, dass ein Sicherheitsabschlag in Höhe von 10-15% des ermittelten Messergebnisses zu Gunsten des Betroffenen in die Betrachtung eingestellt wird.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die so gewonnenen Werte nicht unmittelbare Grundlage für eine den Bestand der Fahrerlaubnis beseitigende Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde (Entziehung), sondern lediglich für weitere Ermittlungsmaßnahmen ist. Sollte die Atemalkoholmessung trotz der hohen Zuverlässigkeitswerte und eines zu berücksichtigenden Sicherheitsabschlags dennoch im absoluten Einzelfall zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangen, ist daher zu erwarten, dass dieser Messfehler durch die sich anschließenden Ermittlungsmaßnahmen festgestellt und im Ergebnis so dann von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wird.

(d) Diese Erwägungen zugrunde gelegt, wies der Kläger selbst unter Ansetzung des maximal angezeigten Sicherheitsabschlags von 15% bei der polizeilichen Kontrolle am 1. Mai 2016 einen Atemalkoholwert von mindestens 2,28%o (2,62%o – 15%) auf. Dieser Wert stellt bereits bei isolierter Betrachtung einen greifbaren Anhaltspunkt für eine erhebliche Alkoholgewöhnung des Klägers dar. Diese Annahme wird zudem bestätigt durch die Tatsachen, dass der Kläger erstens nach den nicht substanziell angegriffenen Feststellungen der die Kontrolle durchführenden Polizeibeamten „relativ gute Bewegungsmuster“ aufwies und zweitens nach den Aussagen der Imbissmitarbeiter, die dem Kläger kurz zuvor eine Mahlzeit verkauft hatten, jedenfalls keine offensichtlichen Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung des Klägers bestanden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. September 2015 – 10 S 1667/15 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 29. Oktober 2009 – 11 CS 09.1968 -, juris, wonach eine Atem- oder Blutalkoholkonzentration in dieser Größenordnung jedenfalls zusammen mit weiteren Tatsachen den Verdacht einer Alkoholproblematik begründet). Schließlich wurde im Fahrzeug des Klägers ausweislich des ergänzenden Ermittlungsvermerks vom … 2017 auch eine vollständig geleerte Schnapsflasche mit einem Fassungsvermögen von 0,2 l aufgefunden. Auch wurde der Polizeieinsatz erst durch unbeteiligte Dritte veranlasst, nachdem der Kläger nicht ansprechbar in seinem Fahrzeug saß. Aufgrund einer Gesamtschau dieser Umstände konnte der Beklagte zulässigerweise davon ausgehen, dass der Kläger regelmäßig erhebliche Alkoholmengen zu sich nimmt.

Dies wird auch durch sein Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren nicht in Frage gestellt. Soweit der Klägerbevollmächtigte einen Widerspruch darin zu konstruieren versucht, dass der Kläger einerseits nicht ansprechbar in seinem Fahrzeug gesessen habe, aber andererseits „relativ gute Bewegungsmuster“ erkennbar gewesen seien, verkennt er, dass es sich um zwei unterschiedliche Stadien der polizeilichen Kontrolle handelte. Die fehlende Ansprechbarkeit (durch unbeteiligte Dritte) bezog sich auf die Veranlassung, die Feststellung der relativ guten Bewegungsmuster und auch sonst fehlenden Ausfallerscheinungen auf die Durchführung der polizeilichen Kontrolle.

(2) Neben der somit berücksichtigungsfähigen hohen Atemalkoholkonzentration des Klägers am 1. Mai 2016 rechtfertigten die zusätzlich vorliegenden Tatsachen auch die Annahme eines Alkoholmissbrauches, da hinreichende Anzeichen dafür vorlagen, dass der Kläger auf die regelmäßige Teilnahme am Straßenverkehr angewiesen war, noch vor Wiedererlangung seiner Fahrtüchtigkeit ein Kraftfahrzeug zu führen beabsichtigte und insoweit nicht in dem erforderlichen Maß zwischen Alkoholgenuss und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen vermag.

Wie der Kläger in der Polizeikontrolle am 1. Mai 2016 angegeben und auch durch seinen Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, war er zum Kontrollzeitpunkt als Berufspendler auf die regelmäßige Nutzung seines Fahrzeugs unbedingt angewiesen. Bereits deshalb war aus Sicht des Beklagten zu Recht zu besorgen, dass der Kläger einem für ihn kaum lösbaren Konflikt dergestalt ausgesetzt sein werde, angesichts des bei ihm vermuteten regelmäßigen erheblichen Alkoholkonsums entweder von einer Fahrt zu seiner Arbeitsstelle Abstand zu nehmen und damit seinen Pflichten als Arbeitnehmer nicht nachzukommen oder aber sich zur Vermeidung des alsdann drohenden Verlusts seines Arbeitsplatzes eben doch in fahruntüchtigem Zustand an das Steuer seines Kraftfahrzeuges setzen. Schon in Anbetracht dieser Konfliktlage ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass es letztlich nur eine Frage der Zeit sei, bis sich der Kläger mit der Situation konfrontiert sieht, in der er am Straßenverkehr teilnehmen zu „muss“, obwohl er noch alkoholbedingt fahruntüchtig ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Juni 2007 – 10 A 10062/07.OVG -, juris Rn. 37). Hinzu kommt der Umstand, dass der Kläger im Rahmen der polizeilichen Kontrolle selbst zusätzliche Hinweis auf ein fehlendes Trennungsvermögen geboten hat, indem er sich angesichts des Hinweises auf die am Folgetag fortbestehende Fahruntüchtigkeit „unbeeindruckt“ gezeigt hat. Dies alles sprach aus Sicht des Beklagten richtigerweise dafür, dass dem Kläger das unbedingte Erfordernis, den Konsum von Alkohol und die Teilnahme am Straßenverkehr im Interesse der Verkehrssicherheit und der anderen Verkehrsteilnehmer scharf trennen zu müssen, nicht mit der notwendigen Klarheit bewusst zu sein schien. Zu Recht hat der Beklagte hierin Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch des Klägers im fahrerlaubnisrechtlichen Sinne gesehen und die gebotenen Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet.

(3) Schließlich erwies sich die Ermittlungsmaßnahme in Gestalt der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung auch im Übrigen als rechtmäßig. Je gewichtiger die Eignungsbedenken sind, desto geringer ist das Entschließungsermessen der Behörde; bei Vorliegen von erheblichen Eignungszweifeln ist es regelmäßig auf Null reduziert (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG). Liegen keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, trotz der festgestellten Eignungsbedenken von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, besteht deshalb im Rahmen der typisierenden Regelungen der §§ 11 bis 14 FeV kein Anlass zu weitergehenden gesonderten Ermessenserwägungen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. März 2013 – 10 S 54/13 -, juris Rn. 5).

cc) Ein ausreichender Grund für die Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens ist nicht erkennbar. Aus dem in der Fahrerlaubnisakte enthaltenen Schriftverkehr ist vielmehr ersichtlich, dass der Kläger die Anordnung letztlich – zu Unrecht – als rechtswidrig erachtet hat und sich daher nicht an sie gebunden fühlte.

dd) Gemäß § 11 Abs. 8 FeV musste der Beklagte daher den Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansehen. Trotz der Formulierung „darf“ im letzten Halbsatz der Vorschrift ist der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Frage, ob aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die Fahrungeeignetheit des Betroffenen geschlossen werden kann, kein Ermessen eingeräumt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 11 C 12.874 -, juris Rn. 15).

c) Zwingende Rechtsfolge der hiernach anzunehmenden Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ist die Entziehung der Fahrerlaubnis. § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV räumt der Fahrerlaubnisbehörde insoweit kein Ermessen und keine sonstigen Spielräume ein (stRspr., vgl. nur VG Trier, Beschluss vom 8. März 2018 – 1 L 670/18.TR -, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Für diese rechtliche Beurteilung ist im Ergebnis auch ohne Belang, dass der Kläger in privater sowie mit Blick auf seine Arbeit vor allem auch in beruflicher Hinsicht Beeinträchtigungen hinnehmen muss, wenn er auf das Gebrauchmachen von der Fahrerlaubnis zukünftig zu verzichten hat. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis mit gewissen Härten verbunden ist, zumal der Kläger für berufliche Fahrten auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. Negative Auswirkungen der Entziehung der Fahrerlaubnis kommen überdies nicht selten vor und sind vom Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Schaffung der hier einschlägigen Regelungen berücksichtigt und als im Interesse des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer hinzunehmende Härten eingestuft worden. Anders als im Strafverfahren, das ein Vergehen ahndet, ist es Aufgabe der Verwaltungsbehörde, den Straßenverkehr dauerhaft vor den Gefahren zu schützen, die von ungeeigneten Fahrern wie dem Kläger für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen.

d) Schließlich vermögen auch die durch den Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Haaranalysen des Instituts … vom … und … 2017 keine anderslautende Entscheidung zu rechtfertigen.

Auf die in der vorliegenden Klage verfahrensgegenständliche Entziehungsentscheidung können die Haaranalysen schon deshalb keine Auswirkungen haben, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Verfügung, welche die Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage maßgeblich ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2005 – 3 C 23.04 -, juris Rn. 16), vorliegend also der Erlass des Widerspruchsbescheids vom … Juli 2017. Zu diesem Zeitpunkt war lediglich das Analyseergebnis vom … Mai 2017 erstellt, das bestenfalls einen Abstinenzzeitraum von drei Monaten nachzuweisen geeignet ist. Dieser läge nicht nur weit unterhalb des nach Ziffer 3.13.1. der „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“ im Regelfall erforderlichen Zeitraums von einem Jahr, nach dem von einer zuverlässigen Integration der Alkoholabstinenz in das Gesamtverhalten ausgegangen und daher eine positive Prognose gestellt werden kann, sondern auch unterhalb der theoretisch zulässigen Mindestdauer von sechs Monaten (vgl. Gräcmann/Albrecht [Hrsg.], Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Stand: 14.08.2017, S. 78, verfügbar unter: https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Verkehrssicherheit/Fachthemen/BLL/Begutachtungsleitlinien-2017.pdf?__blob=publicationFile&v=12, letzter Aufruf: 13. März 2018). Auf die Tatsache, dass das Analyseergebnis nur dem Gesundheitsamt des Beklagten vorlag und ohne eine entsprechende Einwilligung, die der Kläger jedoch unstreitig nicht erteilt hatte, keine Weitergabe an die Fahrerlaubnisbehörde erfolgen durfte, kommt es daher im Ergebnis nicht mehr an.

2. Ist nach alledem die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zu beanstanden, begegnet auch die auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV beruhende Anordnung zur Ablieferung des Führerscheins in Ziffer 2 des Bescheids vom 31. Januar 2017 keinen Bedenken.

3. Die Festsetzung der Gebühren und Auslagen in Ziffer 5 des Bescheids vom 31. Januar 2017 hält ebenfalls der rechtlichen Überprüfung stand. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StVG i.V.m. Ziffer 206 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr – GebOSt – und § 2 GebOSt (Auslagen der Zustellung). Da der Kläger insoweit keine substanziellen Einwände erhoben hat, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11,711 Zivilprozessordnung – ZPO.

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