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Formgerechte Begründung Verfahrensrüge

OLG Rostock – Az.: 21 Ss OWi 102/21 (B) – Beschluss vom 20.08.2021

In dem Bußgeldverfahren hat das Oberlandesgericht Rostock – Senat für Bußgeldsachen – am 20. August 2021 beschlossen:

I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Stralsund vom 01.06.2021 – 327 OWi 752/20 – wird als unbegründet verworfen.

II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Vorpommern-Rügen – Der Landrat – vom 17.06.2020 ist gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr eine Geldbuße von 500,- Euro festgesetzt und ein einmonatiges Fahrverbot unter der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet worden.

Den hiergegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht Stralsund durch Urteil vom 01.06.2021 nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung, ohne von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden worden zu sein, der Haupt-verhandlung unentschuldigt ferngeblieben sei. Das von ihm vorgelegte ärztliche Attest lasse keine gerichtliche Prüfung einer etwaigen Verhandlungsunfähigkeit zu.

Gegen dieses dem Betroffenen am 09.06.2021 zugestellte Urteil hat er mit Anwaltsschriftsatz vom 15.06.2021 Rechtsbeschwerde eingelegt, die er mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 15.06.2021 mit der Rüge der Verletzung formellen (Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG) und materiellen Rechts begründet hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 23.07.2020 beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Stralsund zurückzuverweisen. Sie erachtet die Verfahrensbeanstandung des Betroffenen für zulässig ausgeführt und begründet.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die gegen die Einspruchsverwerfung gerichtete Rüge der Verletzung des § 74 Abs. 2 OWiG ist nicht zulässig erhoben.

a) Zwar durfte das Amtsgericht den Einspruch nicht mit der oben genannten Begründung verwerfen.

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausbleibt (§ 74 Abs. 2 OWiG) ist nicht, ob er sich durch eigenes Vorbringen genügend entschuldigt hat, sondern vielmehr, ob er entschuldigt ist, das heißt, ob sich aus den Um-ständen, die dem Gericht zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannt und im Wege des Freibeweises feststellbar waren, eine ausreichende Entschuldigung ergibt. Hierbei ist der Betroffene nicht zur Glaubhaftmachung oder zum Nachweis der vorgebrachten Entschuldigungsgründe verpflichtet. Im Falle des Nichterscheinens wegen einer Erkrankung oder ähnlicher Umstände liegt ein Entschuldigungsgrund vor, wenn die damit verbundenen Einschränkungen oder Beschwerden nach deren Art und Auswirkung eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar machen, wobei Verhandlungsunfähigkeit nicht gegeben sein muss (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.08.2016 – (2 B) 53 Ss-OWi 491/16; OLG Hamm NStZ-RR 1998, 281). Der Tatrichter muss dabei eine ärztliche Bescheinigung nicht ungeprüft anerkennen. Bloße Zweifel an der Aussagekraft eines Attests dürfen jedoch nicht ohne weiteres zu Lasten des Betroffenen gehen. Vielmehr hat der Tatrichter in solchen Fällen von Amts wegen den Umständen nachzugehen, die Zweifel an der Entschuldigung begründen können, und den Sachverhalt aufzuklären (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.04.2005 – 1 Ss 40/05 m.w.N.).

Daran fehlt es hier. Ausweislich der Urteilsgründe hatte dem Gericht ein ärztliches Attest vom 27.05.2021 vorgelegen, das das Gericht mangels „konkreter Angaben“ zu Art und Schwere der angeblichen krankheitswertigen Beeinträchtigungen nicht als genügende Entschuldigung akzeptiert hat. Eine irgendwie geartete Nachfrage des Gerichts bei der behandelnden Ärztin oder sonstige Nachforschungen haben offenbar nicht stattgefunden.

b) Ob das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht, kann das Rechtsbeschwerdegericht vor-liegend jedoch nicht nachprüfen. Die formgerechte Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des § 74 Abs. 2 OWiG erfordert nämlich, dass der Betroffene die die Entschuldigung begründenden bestimmten Tatsachen so genau und schlüssig vorträgt, dass sich die Verhinderung zum Terminszeitpunkt aufgrund der konkreten Umstände im Einzelnen für das Rechtsbeschwerdegericht erschließt. Hierzu gehört im Krankheitsfall die jedenfalls nach allgemeinem Sprachgebrauch zu benennende Art der Erkrankung, die aktuell bestehende Symptomatik und die Darlegung der daraus zur Terminszeit resultierenden konkreten körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen. Aus dem Vortrag der konkreten Umstände der Erkrankung muss sich ergeben, dass diese als Entschuldigungsgrund auch geeignet waren und damit die Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des Erscheinens in der Hauptverhandlung rechtfertigen. Ist der vorgebrachte Entschuldigungsgrund offensichtlich ungeeignet, das Fernbleiben des Betroffenen zu entschuldigen, kann das Urteil auf diesem Mangel nicht beruhen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.03.2020 – (1 B) 53 Ss-OWi 49/20 (35/20) – m.w.N. – juris -).

Diesen Anforderungen wird das Rügevorbringen nicht gerecht, denn es werden weder die Art der Erkrankung, die am Terminstag bestehende Symptomatik und daraus zur Termins-zeit resultierenden konkreten körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen mitgeteilt, so dass das Rechtsbeschwerdegericht nicht prüfen kann, weshalb dem Betroffenen die Teilnahme an der Hauptverhandlung krankheitsbedingt unmöglich oder unzumutbar gewesen sein soll.

2. Auf die erhobene allgemeine Sachrüge kann ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG nur auf das Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen bzw. das Vorliegen von Verfahrenshindernissen hin überprüft werden, weil mit dem Prozessurteil eine Sachentscheidung nicht getroffen wird (vgl. OLG Düsseldorf VRS 71, 366, 367). Diese Prüfung ergibt hier weder das Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen noch das Bestehen von Verfahrenshindernissen.

Die Rechtsbeschwerde unterlag deshalb der Verwerfung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.

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